Chess Classic Zu viel Schwarz-Arbeit Inder Anand gewinnt zum siebten Mal in Folge Chess Classic / Rocker von HIM finden Schach „cool“
22.08.2006 - Den größten Hit von HIM haben Schachfans in Mainz live von Mitgliedern der finnischen Rockband und „Marienhof“-Darstellerin Vaile dargeboten bekommen. Den Titel „Join me“ nahmen sie auch erneut wörtlich. Fast 1.000 Meldungen gingen vergangene Woche für die Turniere bei dem weltweit größten Schnellschach-Festival ein. Die Pilgerfahrt zu den Chess Classic setzt alljährlich im August ein, weil Organisator Hans-Walter Schmitt selbst sportlich unbedeutende Show-Veranstaltungen attraktiv zu gestalten weiß. Zum Beispiel die Simultan-Vorstellungen des Weltranglistenzweiten Viswanathan Anand und des –dritten Levon Aronian gegen 40 beziehungsweise 20 Amateure.
Vaile und Burton präsentieren den
HIM-Hit "Join Me"
Gleich zu beiden Simultans traten HIM-Keyboarder Burton und Bassist Mige
an. Auf Tour schlagen sie zusammen mit Bandleader Ville Vallo die Zeit
zwischen ihren Auftritten – eher untypisch für „Jägermeister“ liebende
Rocker - mit Schach-Duellen tot.
Vishy Anand und Fans: HIM-Musiker Burton und Mige
Nun trafen die Weltstars aus der Musik
erstmals auf jene auf den 64 Feldern. Burton verfiel danach in Jubel: „Ich
hätte nie gedacht, dass ich gegen Anand ein Remis schaffe! Ich wollte wie
Mige auch nur 20 Züge überleben“, sprudelte es aus ihm heraus. Der
Keyboarder, der vom Aussehen her problemlos Johnny Depp als Jack Sparrow
in „Piraten der Karibik“ doubeln könnte, befand begeistert: „Das war
wirklich cool!“
Gönnte Anand dem sich wacker wehrenden Rockmusiker
ein Remis, kannte er anschließend kein Erbarmen. Schließlich galt es, die
Serie bei seinem Lieblingsturnier fortzusetzen: Durch ein 5:3 über Teimour
Radjabov gewann der 36-Jährige zum siebten Mal in Folge im „Wimbledon des
Schnellschachs“. Der Aserbaidschaner brachte den „Tiger von Madras“ an den
Rand einer Niederlage. Mit 3:2 führte der 19-Jährige, weil er mit Schwarz
auftrumpfte. Zur Wachablösung reichte es indes nicht, weil Anand ebenfalls
bei der einmonatigen Eröffnungsvorbereitung im Juli sein Hauptaugenmerk
auf die Eröffnungsvarianten mit Schwarz gelegt hatte. Trotz des Nachteils,
nur auf den ersten weißen Zug reagieren zu können, gewann der nun
neunfache Mainz-Sieger drei der vier Partien als Nachziehender.
Anand hätte sogar alle gewinnen können, patzte
jedoch im ersten Duell. „Dass Schwarz so dominierte, war extrem“, betonte
der für den deutschen Meister OSC Baden-Baden spielende Inder. Radjabov
scherzte nach der zu exzessiv betriebenen Schwarz-Arbeit: „Wir müssen mehr
mit den weißen Steinen arbeiten, um damit wenigstens eine ausgeglichene
Stellung zu bekommen!“
Popularität begann schon 2004:
Levon Aronian im TV-Interview
Dieses Problem haben die WM-Teilnehmer im Chess960
nicht. Bei dieser vor allem in Mainz propagierten Schachvariante wird die
Startposition der Figuren auf den Grundreihen vor jeder Partie unter 960
Möglichkeiten ausgelost. So entfällt die aufwändige
Eröffnungsvorbereitung.
Der gerne das „schlampige Genie“ mimende Aronian
bestätigte, dass er ohne die Fesseln der auswendig gelernten ersten Züge
kaum zu bezwingen ist. Durch ein 5:3 löste der Berliner den ebenfalls für
Baden-Baden spielenden Russen Peter Swidler als Chess960-Weltmeister ab.
„Von 16 WM-Partien wurden 14 entschieden. Es gab nur zwei Remis – da kann
man nicht meckern“, jauchzte Organisator Schmitt. Die Fans sahen es
ähnlich. Vor Ort verloren sich insgesamt rund 3.600 Zuschauer in
der Rheingoldhalle und im virtuellen Stadion der Chess Classic-Webseite
tummelten sich beim Showdown am letzten Tag 66.300 Besucher, die die
Partien verfolgten. Mehr schaffen selbst die Rocker von HIM kaum bei ihren
Auftritten.