Vom Skandal zur Stilfrage: FIDE entdeckt die Jeans

Vom Skandal zur Stilfrage: FIDE entdeckt die Jeans

Es gibt Entscheidungen im Schach, die verändern das Spiel. Und es gibt Entscheidungen, die verändern den Stoff, in dem gespielt wird.

Es gibt Entscheidungen im Schach, die verändern das Spiel. Und es gibt Entscheidungen, die verändern den Stoff, in dem gespielt wird. Die FIDE hat für den Grand Swiss 2025 in Usbekistan den Dresscode gelockert – und erlaubt nun offiziell, was jahrzehntelang als zu leger galt: Jeans am Schachbrett.

Die neue Kleiderordnung

Männer:

  • Anzug

  • Dunkle Business-Hose, einschließlich klassischer, nicht abgetragener Jeans (blau, schwarz, grau)

  • Einfarbiges Hemd (kleine Abweichungen erlaubt, z. B. kariert oder gestreift)

  • Anzugschuhe oder Loafer mit geschlossenen Zehen

  • Einfarbige Sneaker (Sohlen dürfen abweichen)

Frauen:

  • Kostüm (mit Rock), Hosenanzug oder Kleid mit Jacke

  • Kleid

  • Dunkle Business-Hose, einschließlich klassischer, nicht abgetragener ("non-distressed") Jeans (dunkelblau, schwarz, grau)

  • Hemd/Bluse

  • Anzugschuhe oder Loafer mit geschlossenen Zehen

  • Einfarbige Sneaker (Sohlen dürfen abweichen)

Ganz ohne Regeln geht es natürlich nicht. Flip-Flops und Jogginghosen bleiben tabu – der Weltschachverband ist bereit für Denim, aber nicht für Strandmode oder Turnhallen-Outfit.

Wie es dazu kam: Carlsen und das „Jeans-Gate“

Die Neuerung ist kein Zufall, sondern die direkte Folge einer Auseinandersetzung, die Ende 2024 hohe Wellen schlug. Magnus Carlsen, der populärste Spieler der Welt, wollte bei der Schnellschach-WM in New York in Jeans antreten. Die FIDE reagierte streng: 200 Dollar Strafe – und schließlich sogar Disqualifikation.

Carlsen zeigte sich empört, kündigte seinen Rückzug an und spottete, er reise lieber „an einen Ort, wo das Wetter schöner ist“. Nach Gesprächen mit FIDE-Präsident Arkady Dvorkovich und dem Hauptsponsor folgte jedoch die Rochade rückwärts: Jeans wurden kurzerhand als „kleinere elegante Abweichung“ eingestuft. Carlsen durfte beim Blitzschach-Wettbewerb antreten – und tat es genüsslich in Denim.

Zwischen Tradition und Pragmatismus

FIDE-Präsident Dvorkovich erklärte später, man wolle mehr Flexibilität, ohne den professionellen Auftritt zu gefährden. Übersetzt: Man hat erkannt, dass es dem Image des Schachs nicht schadet, wenn der Weltmeister in Jeans spielt – im Gegenteil, es bringt das Spiel näher an die Lebenswelt des Publikums.

Symbolik statt Nebensächlichkeit

Auf den ersten Blick wirkt die Diskussion über Hosen trivial. Doch die Causa Carlsen zeigte, wie sehr im Schach auch die Wahrnehmung von außen zählt: Sponsoren, Medien und Fans diskutierten tagelang über Stoffe statt Züge. Mit der offiziellen Aufnahme der Jeans in den Dresscode demonstriert die FIDE, dass selbst Tradition ein bisschen Elastizität verträgt.

Ein kleiner Schritt für die Mode, ein großer für die Praxis

Dass Carlsen für eine Jeans disqualifiziert wurde, wenige Tage später aber in derselben Hosenform wieder antreten durfte, wirkt im Rückblick fast absurd. Doch es markiert einen Wendepunkt: Jeans sind vom Skandalobjekt zum akzeptierten Kleidungsstück geworden. Für die einen ein modisches Detail, für die anderen ein Symbol, dass auch im traditionsbewussten Schach Veränderungen möglich sind.

Endlich Klarheit?

Ob damit endgültig Ruhe in die Kleiderfrage einkehrt? Zweifel sind erlaubt. Seit jeher gilt: Neue Regelungen werfen neue Fragen auf. Was geschieht, wenn ein Topspieler in einer weinroten oder grünen Jeans auftritt, statt wie vorgeschrieben in Blau, Schwarz oder Grau? Oder wenn die Sneaker nicht nur bunte Sohlen, sondern gleich ein mehrfarbiges Obermaterial haben?

Wir werden es bald erfahren – vielleicht schon am Brett, vielleicht wieder in den Schlagzeilen.

Foto und Original-News: FIDE

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