Rezension: Schach für Kindergarten und Grundschule von Claudia Fiege

Rezension: Schach für Kindergarten und Grundschule von Claudia Fiege

Claudia Fieges Buch „Schach für Kindergarten und Grundschule“ ist ein engagierter Praxisleitfaden für alle, die Kindern Schach spielerisch, kooperativ und kindgerecht näherbringen möchten.

Rezension: Schach für Kindergarten und Grundschule von Claudia Fiege
🌟🌟🌟🌟☆ (4 von 5 Sternen)

Claudia Fieges Buch „Schach für Kindergarten und Grundschule“ ist ein ungewöhnlicher, engagierter Beitrag zur Schachdidaktik im Grundschulbereich – geschrieben von einer Praktikerin, die weiß, worauf es im Schulalltag ankommt. Die Autorin ist kommissarische Schulleiterin der Friedrich-Junge-Grundschule in Kiel, seit über 20 Jahren in leitender Funktion im Bildungswesen tätig und bringt ihre pädagogische Erfahrung in jeder Zeile zur Geltung.

Das Werk ist im Selbstverlag entstanden und derzeit ausschließlich über Amazon erhältlich. Mit einem Preis von 29 Euro ist es nicht gerade günstig – aber inhaltlich durchaus lohnenswert, vor allem für pädagogisch Tätige, die mit Kindern im Alter zwischen 5 und 10 Jahren arbeiten.

Schachbuchautorin mit Herz: Claudia Fiege (Foto: LinkedIn)


Ein Buch, das Kindern wirklich gerecht wird

Fieges Ziel ist klar: Sie will Schach nicht elitär vermitteln, sondern als gemeinsames Erlebnis für alle Kinder – unabhängig von Hintergrund, Vorkenntnissen oder Lerntempo. Besonders deutlich wird das in einem Satz, den sie mir bei der Übersendung des Rezensionsexemplars mitgab:

„Für mich ist wichtig, in meiner Schach AG jedes Kind einzubeziehen, so dass alle die Stunde mit einem Lächeln verlassen und motiviert sind, das Spiel schnellstmöglich noch einmal zu spielen.“

Das Werk ist im Selbstverlag entstanden und derzeit ausschließlich über Amazon erhältlich. Mit einem Preis von 29 Euro ist es nicht gerade günstig – aber inhaltlich durchaus lohnenswert, vor allem für pädagogisch Tätige, die mit Kindern im Alter zwischen 5 und 10 Jahren arbeiten.


Was das Buch stark macht

✅ Minispiele statt Überforderung

Fieges Ansatz, Kinder zunächst mit sogenannten Minispielen an das Schachspiel heranzuführen, ist konsequent und sinnvoll. Anstatt das gesamte Regelwerk auf einmal zu vermitteln, setzt sie auf kleine, überschaubare Spielsituationen, die jeweils einzelne Figuren oder Strategien in den Fokus stellen. Sie erklärt auch, wie man diesen methodischen Weg kindgerecht vermitteln kann – ein Aspekt, der in der Praxis oft entscheidend ist.

✅ Kooperatives Lernen als Prinzip

Zwei-gegen-Zwei-Spiele, Beratungsphasen, Teamaufgaben: Das Buch legt großen Wert auf Austausch und Zusammenarbeit. Soziale Aspekte des Lernens stehen klar im Mittelpunkt. Kinder erleben sich nicht als Einzelkämpfer, sondern als Teil eines spielerisch denkenden Miteinanders.

✅ Differenzierung mit Augenmaß

Ein weiterer Pluspunkt: Die Autorin zeigt, wie man mit Leistungsunterschieden umgehen kann, ohne die Gruppe zu spalten. Wer schneller lernt, bekommt Varianten oder Zusatzaufgaben – wer mehr Zeit braucht, bleibt bei der Basis. Die Übungen sind so aufgebaut, dass alle mitkommen können.

✅ Neue, unbekannte Spielideen

Erfrischend ist auch, dass viele Spiele im Buch nicht einfach aus anderen Grundschach-Büchern übernommen wurden, sondern neue Ideen enthalten. Spiele wie der Geistertanz oder Pferdeleckerli sammeln sind in der bisherigen Literatur kaum dokumentiert – sie erweitern die bisherige Methodik um kreative und wenig bekannte Zugänge. Besonders für erfahrene AG-Leitungen lohnt sich der Blick in diese Sammlung, weil sie den bekannten Methodenkoffer sinnvoll ergänzt.

✅ Multimedialer Unterricht mit Active Board

Fiege beschreibt auch, wie sich Schachunterricht mit digitalen Hilfsmitteln gestalten lässt. Die Idee, ein Handy auf einem Teleskoparm über das Schachbrett zu stellen und das Geschehen live auf ein Active Board zu streamen, ist originell – gerade für große Gruppen. Dass die klassische Alternative – ein Demonstrationsbrett – nicht erwähnt wird, erstaunt etwas, doch die digitale Lösung zeigt den modernen Zugang der Autorin.

✅ 3D statt Diagramme

Die Autorin arbeitet bewusst nicht mit Schachdiagrammen, sondern mit Fotos echter Bretter und Figuren. Ihre Begründung: Kinder lernen am besten mit dem, was sie tatsächlich vor sich sehen – in drei Dimensionen. Auch wenn diese Entscheidung zu Lasten der Übersichtlichkeit geht, ist die Grundidee nachvollziehbar: Kinder sollen das Spiel als konkretes Handeln erleben, nicht als abstraktes Schema.


Was kritisch anzumerken ist

Trotz vieler guter Elemente bleibt auch Kritik nicht aus. Das Buch ist im Selbstverlag erschienen und wirkt gestalterisch wie eine Sammlung von Arbeitsblättern. Der Sprachgebrauch (z. B. „Setzen“ statt „Ziehen“) weicht vom üblichen Schachvokabular ab und könnte insbesondere bei der späteren Vertiefung zu Verwirrung führen. Fantasiefiguren wie „die Eule“ oder „der Superturm“ sind nett gemeint, aber potenziell verwirrend – gerade für Anfänger. 

Klassische Minispiele wie die Bärentaler Bauernkloppe oder das Springeräpfelspiel fehlen. Auch körperliche und kreative Elemente wie Schachyoga, Mal- oder Bastelaufgaben (z. B. Schachkronen oder Schachherzen zum Mutter- oder Vatertag) kommen zu kurz. Der Umgang mit Herausforderungen wie Müdigkeit und Konzentrationsverlust fehlt ebenso wie Tipps zur Zusammenstellung von Teams oder zur Farbwahl (z. B. typische Konflikte bei der Farbwahl: „Ich will Weiß!“).

Auch Anregungen zur Werbung für die Schach-AG oder zur Zusammenarbeit mit den Eltern finden leider keinen Platz – obwohl genau solche Aspekte einen ganzheitlichen Zugang wunderbar ergänzen würden.


Fazit

„Schach für Kindergarten und Grundschule“ ist kein Lehrbuch im klassischen Sinn – sondern ein Werkzeugkasten voller praxiserprobter Ideen. Es lebt von der pädagogischen Erfahrung und dem spürbaren Wunsch der Autorin, alle Kinder mitzunehmen – auch und gerade jene, die sich in traditionellen Lernumgebungen schwertun.

Didaktisch unkonventionell und gestalterisch ausbaufähig – aber ehrlich, motivierend und in vielen Punkten klüger als so manches Hochglanzprodukt. Vor allem zeigt es: Schach kann verbinden und eine vollkommen neue Dynamik in die Gruppe bringen. Oder, wie Claudia Fiege es selbst formuliert hat:
„Es ist schon besonders, wie alle Unterschiede vergessen sind.“

4 von 5 Sternen – für ein Buch mit Herz, Haltung und viel Erfahrung aus der Praxis.

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