21.12.2011 - Auch Meisterspieler haben nicht oft das Vergnügen, ein Turnier mit perfektem Score zu beenden, und so wunderte es nicht, dass sich IM Erik Zude in der Schlussrunde der 2. Frankfurter Chess960 Stadtmeisterschaft nochmals mächtig ins Zeug legte. Er wollte gegen Ferdinand Niebling den siebten Sieg in Serie und er gelang ihm. Dennoch durften sich beide Kontrahenten nach der Partie als Sieger fühlen, denn Zude gewann das Turnier und Niebling wurde erneut Seniorenmeister. Den zweiten Rang der Gesamtwertung erreichte ein glücklicher FM Behrang Sadeghi, was ihn zugleich - als besten Spieler des hessischen Bezirks 5 - zum Bezirksmeister machte. Dritte wurde der entthronte Titelverteidiger FM Igor Zuyev. Die Ratingklassen 1-4 gewannen Thomas Biegel, Gerolf Dietz, Thomas Meisegeier und Jürgen Wienecke. Bester Jugendspieler wurde Max-Leo Deppe, und die Teamwertung entschied die Truppe von Frankfurt-West für sich. Zu guter Letzt wurde auch die Partie des Turniers belohnt. GM Klaus Bischoff persönlich erklärte die Begegnung der zweiten Runde zwischen Igor Zuyev und Carsten Kreiling zum Sieger. Wir haben die Partie für Sie analysiert und nebst allen wichtigen Zahlen und Fakten sowie Bildern in der Folge aufbereitet.
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Allgemeine Informationen
Die zweite Auflage der Frankfurter Chess960 Stadtmeisterschaft wurde in 7 Runden Schweizer System gespielt. Die Bedenkzeit betrug 90 Minuten plus 30 Sekunden pro Zug für die gesamte Partie.
In jeder Runde wurde eine andere Startposition gespielt, welche unmittelbar vor Beginn ausgelost wurde.
Der Preisfonds belief sich auf stolze 1.000,- Euro, welche der hessische Bezirk 5 (Frankfurt) als Veranstalter in das "neue Schach" investierte. Hauptverantwortlich für die Organisation und einen reibungslosen Ablauf war Turnierleiter Hans-Dieter Post.
Alle weiteren Informationen entnehmen Sie der offiziellen Turnierseite.
Zuyev, Igor (2326) - Kreiling, Carsten
(2032) 2. Frankfurter Chess960 SM
(2), Bad Soden a. Ts. 2011
Startposition 555
FM Igor Zuyev ist für sein extrem auf
Taktik ausgelegtes Spiel gefürchtet. Beim Chess960 übertreibt der Spitzenspieler
des SC Heusenstamm (Hessenliga) es zwar gelegentlich, doch in der folgenden
Partie ließ er sein ganzes Können aufblitzen. Sein Gegner war nun wirklich kein
Schlechter! Carsten Kreiling von der SVG Eppstein (ebenfalls Hessenliga) ist ein
erfahrener Turnierspieler, der eher das positionelle Schach bevorzugt. Sehen Sie
nun, das preisgekrönte Duell zweier Spielstile. 1.Sbc3 c5?! Es scheint doch sehr riskant, ohne
Not die eigene Königsstellung zu schwächen. Ein ungewöhnlicher Zug für Kreiling,
der sonst bedächtiger zu Werke geht. 2.g3 d6!? Lädt Weiß zu einem scheinbaren Bauerngewinn ein.
3.Se3! Weiß lehnt
jedoch dankend ab.
3.Dh3+?! Ld7 4.Dxh7 war zwar spielbar,
aber nach 4...g6! droht Lxc3 nebst Th8 und Verlust der Dame.
Analysediagramm
Nach 5.Dh4 Lxc3 6.Sxc3 Th8= erhält Schwarz seinen Bauern zurück und steht nicht schlechter.
3...Lc6 4.Dh3+?!
Er kann doch nicht widerstehen, zumindest das Schach zu
geben, aber steht die Dame auf h3 wirklich glücklich?
Dem künstlichen Helfer gefällt 4.f4!?
besser.
4...e6 5.0–0–0 g6 6.Se4?
Nach dem unnötigen Damenschach fällt es auch dem Computer
schwer, einen vernünftigen Plan vorzuschlagen, doch der Partiezug gehört
definitiv nicht dazu! Natürlich folgte 6...f5
7.Sc3 Unverhofft bietet sich dem Nachziehenden
nun die Gelegenheit, die Initiative zu übernehmen.
7...Dg7!? Vielleicht ist
das für den Augenblick zu langfristig gedacht. Es ist fraglich, ob b7–b5–b4
jemals den gewünschten Effekt erzielt. Weiß könnte bereit sein, den Springer zu
opfern, um sich dafür an den schwarzen König anzuschleichen.
Kurzweilig und stark war dagegen 7...d5!
und es wäre guter Rat teuer gewesen für den Fidemeister! Vermutlich hätte er nun
zu 8.Sb1 oder 8.Sf1 greifen müssen, wonach es keinen Zweifel geben kann, ob
Schwarz besser steht. Vielleicht hätte Taktiker Zuyev aber auch zu 8.f4!?
gegriffen und nach 8...d4 9.Sc4 Lxh1! 10.Txh1 dxc3 11.dxc3 auf Kompensation für
die Figur gehofft. Der schwarze König ist durchaus anfällig und in Sachen
Entwicklung hinkt Schwarz ebenfalls hinterher.
Analysediagramm
8.f4 d5?!
Zu spät! Nein, zu früh! Erst musste der Turm von g1 weg.
Also 8...Lxh1! 9.Txh1, dann 9...d5! und
Schwarz steht prima.
8...b5 ist dagegen sehr riskant. Es ist
unklar, ob Weiß die folgende Computer-Variante gefunden hätte, aber nach 9.g4!
b4 10.gxf5 bxc3 11.dxc3 Lxh1 12.fxe6! Le4 13.e7+ Kc7 14.exd8D+ Txd8 15.De6 Lc6
16.Lh4 Td7 17.Lg3! wird Weiß viel Druck gegen d6 entwickeln. Der Computer sieht
hier Weiß mit ca. einem halben Bauern vorn.
Analysediagramm
9.g4! d4?
Wieder zu voreilig.
Es musste unbedingt vorher 9...fxg4
10.Sxg4 und dann 10...d4 geschehen. Nach beispielsweise 11.Lxc6 Sdxc6 12.Sa4 Sd7
13.c4! ist die Lage wohl völlig unklar.
10.gxf5
Jetzt wird es ungemütlich für Schwarz. Bemerkenswert, wie gut die weiße Dame
plötzlich steht!
11.fxe6!+–
Es mag nicht direkt ins Auge stechen, aber Schwarz steht
auf Verlust! Mit 11...Lc6
fand Kreiling noch den besten Zug. Es folgte jedoch
12.Sf5 Df6
Nach 12...Dc7 13.e7 Se6 14.Dxh7 Te8
15.Txg6 hätte Weiß bereits vier Bauern für die Figur. Und falls 15...dxc3, dann
16.Txe6 cxb2+ 17.Kb1+– und der weiße König wird bestens von dem schwarzen Bauern
geschützt!
13.Dxh7
Die elegantere Variante war 13.Sd6+! Kc7
14.Sdb5+! Kb6 Der Läufer kann wegen Sd5+ nicht auf b5 schlagen. 15.Sa4+! Ka5
Nimmt der König den Springer, wird er dreizügig matt. 16.Da3 Das geht definitiv
schlecht aus für Schwarz!
Analysediagramm
z. B. 16...Lxb5 17.d3+ Ka6 18.Sc3+ Kb6 19.Sd5+ +–
13...Dxf5 14.Dxg8 Dxe6
14...Lf6 15.Txg6! dxc3 16.dxc3+– Es
droht einfach und tödlich Txd8+ nebst e6–e7.
15.Dxh8 dxc3 16.dxc3+–
Der Rauch hat sich verzogen und
übrig geblieben ist eine klare Gewinnstellung für Weiß. Den Rest erledigte der
Fidemeister routiniert.
Bilder der 7. Runde von Hans-Walter Schmitt & Mike Rosa
Alles ist hergerichtet für die letzte Runde
Jeder Spieler bekam eine leckere Figur extra
Und damit auch jeder ganz sicher wusste, wo er war...
(Fast) alle Teilnehmer auf einen Blick
Mit 7/7 eine Klasse für sich
Der Vize-Stadtmeister und Bezirksmeister hatte etwas Glück, weil sein Gegner Kai-Christian Meyer zwar korrekt eine dreimalige Stellungswiederholung erkannt, aber vor der Reklamation die Uhr gedrückt hatte.
Nachdem alle Schlachten geschlagen waren, übernahm Turnierleiter Hans-Dieter Post die Siegerehrung
FM Igor Zuyev und Carsten Kreiling bekamen für die Partie des Turniers von Gastgeber Hans-Walter Schmitt jeweils ein Schachbuch
FM Behrang Sadeghi freute sich über seinen ersten Chess960-Titel
Das beste Team stellte der SC Frankfurt-West mit (v.l.n.r.) Thomas Meisegeier, Ferdinand Niebling, Claus Henrici und Jürgen Wienecke
Ferdinand Niebling verteidigte seinen Senioren-Titel
Weil es schon spät und der Sieger der Jugendwertung bereits daheim war, nahm Trainer Hans-Walter Schmitt den Preis für Max-Leo Deppe entgegen
Das ist Deiner, Leo!
Die Sieger der vier Ratingklassen (v.l.n.r.): Thomas Biegel (RK1), Thomas Meisegeier (RK3), Jürgen Wienecke (RK4) und Gerolf Dietz (RK2)
Und hier die drei Erstplatzierten FM Igor Zuyev (3.), FM Behrang Sadeghi (2.) und Dr. IM Erik Zude (1.)
Zude spielte übrigens eine Performance von 2751!
Herzlichen Dank an alle Teilnehmer für ein stets faires Turnier und auf ein baldiges Wiedersehen bei unseren B9 Rally-Serien!