Nachrichten Ehrenmitglied Jens Beutel gestorben - wir sind sehr traurig! Großförderer des Schachs, kluger Initiator und leidenschaftlicher Schachspieler der Mainz Chess Classic verabschiedet sich überraschend für alle Schachfreunde!
22.05.2019 - Der 15. Weltmeister Viswanathan Anand aus Indien und elffache Gewinner der Chess Classic Mainz und Frankfurt schreibt kurz und knapp auf den Punkt gebracht: "My heartfelt condolences, he was a great person and a great friend of chess"!! Der Mainzer Oberbürgermeister von 1997 bis 2011 war ein leidenschaftlicher Liebhaber und bekennender Förderer des Schachsports. Deutschland und die Welt, aber ganz besonders die Region Rhein-Main-Taunus und der Chess Tigers Schach-Förderverein 1999 e.V. verliert seine wichtige Galionsfigur des alten klassischen Schachs und des modernen Schachs - dem Chess960. Er war bereit im Jahre 2006 bei der "Mainzer Initiative" den Vorsitz der WNCA (World New Chess Association) zu übernehmen, um die Ideen von Robert James (Bobby) Fischer und der Realisationskunst der Mainzer Veranstalter unter Führung von Hans-Walter Schmitt und 72 Großmeister bei 178 teilnehmenden Titelträger Gehör und Nachdruck bei der FIDE zu verleihen. Im Anhang F bei den FIDE-Regeln wurde Chess960 als offizielle Disziplin mit definierten Regeln verabschiedet und die Hauptinititatoren Albert Vasse (Vorstand DGT, Dr. Matthias Kribben (Vorstand im DSB) und Hans-Walter Schmitt (Vorstand der Chess Tigers) fühlten sich im Jahre 2008 sicher, dass das Chess960 jetzt seinen Weg weltweit finden wird. Und wie das Zeitgeschehen es einfach so will, gab in diesem Jahr bei der Grenke Chess Classic & Open in Karlsruhe der neue Weltschach-Präsident Arkady Dvorkovic bekannt: "Die Chess960-Weltmeisterschaft wird 2019 in Norwegen stattfinden". Preisfonds 375 000 Dollar und die Teilnahme der besten Spieler der Welt und einer Qualifikation übers Internet weltweit - fast so wie damals im Jahre 2001 in Mainz, nur da war es ein Match zwischen GM Peter Leko & GM Michael Adams (Nr.4 & Nr.6 der Welt) und einem großen Open (FiNet), in dem GM Peter Svidler vor 156 Titelträgern als Sieger hervor ging! Lieber Jens Beutel, Du hast entscheidenden Anteil daran, diesen Chess960-Weg mit den tiefen Spuren vorzubereiten, auch hierfür unsere höchste Anerkennung und herzlichstes Dankeschön! Wir werden Dein Andenken bewahren und Dich niemals vergessen!
Einfach besser trainieren!
Schach lernen und die Spielstärke stetig und bequem am heimischen PC steigern dies bietet Ihnen die Chess Tigers Universität und baut ihr Angebot beständig aus. Vom Grundschulkind bis zum ambitionierten Turnierspieler, wir decken mit unseren erfahrenen Lehrern GM Artur Jussupow, GM Dr. Karsten Müller, GM Klaus Bischoff, GM Michael Prusikin, IM Dr. Erik Zude, FM Christian Schramm, FM Uwe Kersten, Elmar Kaiser, Timo Schönhof und Mike Rosa kostengünstig die gesamte Breite des Schachtrainings ab. Mit über 55 Kursen und mehr als 2.300 Lektionen lehren wir alles, was das Schachspielerherz begehrt. Von den Regeln, über grundlegende Prinzipien, Strategie, Taktik, Eröffnungen, Endspiel, vollständig analysierte Partien und sogar Chess960 haben wir alles in unserem umfangreichen Portfolio. Und so geht's: Chess Tigers Universität - Überblick
Impressionen der Chess Classic vergangener Jahre Chess Tigers Schach-Förderverein 1999 e.V. & Chess Tigers Training Center GmbH
Aus dem Jahre 2001 (Erstes Jahr der Chess Classic Mainz) gibt es dieses historische Foto, welches alle fünf Ehrenmitglieder des am 09.09.99 mit neun Mitgliedern gegründeten Chess Tigers Schach-Förderverein 1999 e.V. zeigt. Von links nach rechts: Ehrenmitglied Jens Beutel Oberbürgermeister von Mainz 1997-2011 Ehrenmitglied Vladimir Kramnik Schach-Weltmeister 2000-2007 Ehrenmitglied Viswanathan Anand Schach-Weltmeister 2007-2013, Ehrenvorsitzender Hans-Walter Schmitt Vorsitzender 1999-2018 Ehrenmitglied Jürgen Wienecke Schatzmeister 1999-2013.
Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling über sein Vorgänger Oberbürgermeister Jens Beutel von 1997-2011 (ein kleiner Auszug aus seiner Rede).
Die Auszeichnung von Mainz als Stadt der Wissenschaft 2011 war ein Projekt, das Beutel maßgeblich vorantrieb – der Richter war selbst passionierter Schachspieler und holte für fast zehn Jahre das große Schachturnier Chess Classic Mainz nach Mainz. Jens Beutel ist tot - der früherer Mainzer Oberbürgermeister ist überraschend mit 72 Jahren gestorben - die Stadt Mainz würdigt seine Verdienste!
„Sport war seine große Leidenschaft“, sagte Ebling weiter. Beutel habe selbst bei seiner Eintracht Mombach Handball gespielt, sei Fußballfan gewesen und am Schachbrett „ein begnadeter Stratege.“ Aber auch im Kampf gegen den Fluglärm habe er sich stark engagiert, der Ausbau der Beziehungen zu den Partnerstädten sei ihm ein wichtiges Anliegen gewesen. Beutel habe sich dabei „nie als Einzelkämpfer verstanden“, sondern sei „ein engagierter Teamplayer“ gewesen, der Stadtverwaltung, Stadtratsfraktionen, Vereine, Institutionen und Bürgerinitiativen einzubinden verstanden habe, sagte Ebling weiter: Beutel habe das Rathaus zum „Ort der Begegnung gemacht“, den Dialog gesucht und das Gemeinschaftliche in der Stadt betont.
Jens Beutel zuerst bei der Chess Classic in Frankfurt und dann in Mainz.
Der 61-Jährige Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel in seinem Element. Hier gegen die Weltmeisterin von 2004-2006 Antoaneta Stefanova aus Bulgarien in einer Blitzpartie. Im Hintergrund Schiedsrichter Dr. Axel Eisengräber-Pabst.
Am 12.Juli 1946 geboren, am 08.Mai 2019 verstorben und am 20.Mai 2019 mit einem feierlichen Requiem verabschiedet im engsten Familien- und Freundeskreis in der St. Nikolaus Kirche in Mainz-Mombach. Alle, die Jens Beutel richtig kannten, wären gerne bei diesem Abschiednehmen persönlich dabei gewesen und sagen hier und heute "Herzlichen Dank für das Geleistete und Auf Wiedersehen im Schachhimmel.
Am 09.Juli 1994 gab es die erste Begegnung bei der Chess Classic im Frankfurter-Westen. Der SC Frankfurt-West feierte seinen 70.Geburtstag und lud zum ersten Mal in seiner Geschichte zu einem internationalen Schnell-Schach Open ein - Frankfurt-West Chess Classic. 10 Großmeister kamen und spielten mit 178 Teilehmern ein 11-rundiges Turnier am 09./10.Juli 1994. GM Chernin gewann und Jens Beutel landete mit 6,0 Punkten aus 11 Partien im oberen Teil der Schlusstabelle. Doch den noch größeren Eindruck auf den zukünftigen Mainzer Oberbürgermeister war das Kommen des "charismatischsten Schachspieler der Gegenwart". Denn so titelte der sehr bekannte Redakteur Wolfram Runkel (Die Zeit) über den neuen Stern am Schachhimmel, den 24-jährigen Inder Viswanathan Anand, der in zwei 40er-Simultans in der Stadthalle Frankfurt-Zeilsheim nur deutlich weniger als die Hälfte der Anfragen erfüllen konnte. Jens Beutel hatte mit Intuition und Instinkt das gewaltige Potenzial von solchen Schachveranstaltungen entdeckt, aber wartete noch ab, ob damit die große Rheingoldhalle in Zukunft gefüllt werden könnte.
Der Vorsitzende des SC Frankfurt-West - Hans-Walter Schmitt - nutzte gleich die erste Chance, um den Anwesenden der Siegerehrung und den Honoratioren im Frankfurter-Westen - Alfons Gerling, Landtagsabgeordneter & Vorsitzender des Vereinsring Frankfurt-Zeilsheim, Prof. Dr. Heinz Riesenhuber, Schirmherr & Bundestagsabgeordneter-Forschungsminister und Hans-Georg Pilz, Vorstandsvorsitzender der Taunus-Sparkasse die Veranstaltung für das Jahr 1995 anzukündigen, nachdem er das positive Votum des Schirmherren Dr. Riesenhuber während der Abschlussrede vernommen hatte: "Die machen hier etwas Gutes, dass müsst ihr unterstützen Herr Pilz - mittel-vierstellig"!
Die kommenden Jahre der Chess Classic wurden von Jens Beutel sicher interessiert beobachtet und über die kontinuierliche Entwicklung in den Jahren 1995 (Anand fehlte wegen WM Kampf gegen Kasparov in New York City), 1996 (Anand fehlte wegen Hochzeit mit Aruna in Madras/Chennai) mit Kramnik, Shirov, Hübner, Leko ging es dann endlich im Jahre 1997 richtig ab: Anand, Karpow, Topalov, Lobron und im Jahre 1998 gelang die Verpflichtung der besten "Vier" der Weltrangliste: Kasparov, Anand, Kramnik, Ivanchuk und Viswanathan Anand gewann! Im Jahre 1999 gelang dann noch die verfeindeten Freunde des Schachs aus Russland: Kasparov & Karpow neben den Kronprinzen Kramnik und Anand zu verpflichten - eine organisatorische Meisterleistung - Veranstaltung in der Ballsporthalle im Frankfurter-Westen - samstags 1392 zahlende Zuschauer mit hochspannenden öffentlichen Pressekonferenzen, 13 Minuten "aktuelles Sportstudio", 5 Minuten "heute journal" und 4 Minuten Tagesthemen neben vielen anderen Presseprodukten mehr! Im Jahr 2000 schwächelte die Stadt Frankfurt ein bisschen, Parteifreundin und Sport- und Kulturdezernentin Sylivia Schenk wechselte zum BdR und sicher hat auch der Schachstratege Jens Beutel so gute Antennen und nahm die Einladung der neugegründeten Chess Tigers Schach-Förderverein 1999 e.V. zum Kasparov-Simultan gerne an. Und das Mainzer Angebot war "verlockend": die Chess Tigers und Mainz wurden ein Team der Chess Classic und Jens Beutel war der "Retter & Initiator" zugleich! Es folgten 10 Jahre höchster Innovation und Perfektion bei einer Schachveranstaltungen, die heute noch Weltruf geniesst, wobei Weltmeister Viswanathan Anand und der Oberbürgermeister von Mainz Jens Beutel die Galionsfiguren ewig bleiben werden. Es war ein großen Glück, lieber Jens Beutel, die Chess Classic auf dem höchsten Punkt zu benden!
Grußwort des Mainzer Oberbürgermeisters Jens Beutel
Der 61-Jährige Oberbürgermeister im Kampf- und Arbeitsanzug!
Herzlich willkommen in Mainz zur Neuauflage der Chess Classic! Ich freue mich, dass unsere Stadt wie in den Vorjahren auch wieder zum Gastgeber dieses fantastischen Turniers wird. Die internationale Schach-Elite macht Mainz für sieben Tage zum Mekka der Schach-Begeisterten und verspricht ein innovatives, unterhaltsames und spannendes Turnier.
Vieles ist im Vergleich zu den Vorjahren noch attraktiver geworden. Viswanathan Anand, die Nummer 1 der Weltrangliste, der bisher neun Titel im Normalschach erspielt hat, spielt erstmals die Chess960-Weltmeisterschaft mit und garantiert eine spannende Live-Übertragung zur Primetime. Die Services für Teilnehmer und Livegäste sind noch einmal wesentlich verbessert worden – nicht nur Experten, sondern auch Laien sollen die Erklärungen bei der Übertragung verstehen können.
Mainz wird in den kommenden Tagen zu einem Zentrum des Chess960, und mit einer erweiterten Rheingoldhalle und einem attraktiven Lebensgefühl in unserer Stadt bieten wir mitten in Europa beste Voraussetzungen für unvergessliche Erlebnisse.
Genießen Sie Schach, erleben Sie eines der besten Turniere der Welt und fühlen Sie sich wohl im Herzen unserer Stadt, in den Lokalen, am Rheinufer oder im Schatten des Doms.
Allen Teilnehmenden und Besuchern der Chess Classic Mainz 2007 wünsche ich angenehme und interessante Tage in der Landeshauptstadt Mainz.
Jens Beutel
Oberbürgermeister der Stadt Mainz
IMMER GANZ DICHT DABEI
HARRY SCHAACK: Interview mit dem Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel
Frage: Herr Oberbürgermeister Beutel, Sie haben am 12. Juli Ihren 61. Geburtstag gefeiert. Zeit für Wünsche. Was wünschen Sie sich für die kommenden Chess Classic?
BEUTEL: Für die kommenden Chess Classic wünsche ich mir zunächst einmal, dass die Veranstaltung so gut organisiert sein wird wie in den vergangenen Jahren und dass eine nochmalige Teilnehmersteigerung erreicht wird. Am meisten würde mich freuen, wenn alle Besucher am Ende sagen, dass es ihnen in Mainz gefallen hat.
Frage:
Welche Bedeutung haben die Chess Classic für die Stadt Mainz?
BEUTEL: Die Chess Classic haben zum einen den Namen der Stadt Mainz weit in die Welt hineingetragen – nicht zuletzt wegen der Internetpräsenz. Während des Turniers frequentieren Zehntausende die Website und verfolgen die Partien live. Außerdem hat die Veranstaltung Gäste in unserer Stadt gebracht, die sonst nie nach Mainz gekommen wären. Auch dieser touristische Aspekt ist für uns ein wichtiger Punkt.
Der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel hat was zu sagen - Pressekonferenz im Hilton Mainz
HS: Wie unterstützen Sie als Oberbürgermeister die Veranstaltung?
BEUTEL: Ich stelle den Chess Classic zum einen die Räumlichkeiten zur Verfügung, zum andern habe ich zahlreiche Sponsoren angeworben, die die Veranstaltung in nicht unerheblicher Weise mit tragen.
HS: Die Hotelkette Hilton, die mit dem Austragungsort der Chess Classic, der Rheingoldhalle, direkt verbunden ist und als Spielerhotel dient, ist kürzlich von der Blackstone Group aufgekauft worden. Wird sich dadurch etwas an den vertraglichen Vereinbarungen die Chess Classic betreffend ändern?
BEUTEL:Das hat keine Auswirkungen auf unsere Verträge.
HS: Der Umbau der Rheingoldhalle, dem exklusiven Spielort der Chess Classic, ist mittlerweile abgeschlossen. Welche Auswirkungen wird das auf das Schach-Event haben?
BEUTEL: Damit geben wir den Chess Classic weitere Entwicklungschancen. In Zukunft haben wir die Möglichkeit, noch mehr Teilnehmer zu beherbergen.
HS: 2001 haben Sie die Chess Classic aus Frankfurt nach Mainz entführt. Haben sich Ihre Erwartungen, die Sie mit diesem Event verknüpft haben, erfüllt?
BEUTEL: Für einen wie mich, der das Schach liebt, ist eine Veranstaltung, die die ganze Weltelite in geballter Form nach Mainz holt, großartig. Selten hat man Gelegenheit die Spitzenspieler so hautnah zu erleben. Schach ist bei den Chess Classic in einer Fülle von Veranstaltungen auf die unterschiedlichste Art zu sehen. Die glänzende mediale Darbietung und die perfekt Präsentation lassen die Zuschauer diese Hautnähe spüren. Das lässt sich kaum steigern. Auch für nicht ganz so starke Spieler ist es ein tolles Erlebnis. Einerseits sehen sie die Spitzenklasse, andererseits spielen sie selbst. Und sie sind immer ganz dicht dabei.
Jens Beutel bei seiner Lieblingsbeschäftigung - Open spielen bei der Chess Classic, hier gegen Alexander Morozevich - im Hintergrund beim Fotografieren: Thilo Gubler
HS: Wo sehen Sie noch Entwicklungspotential für die Veranstaltung?
BEUTEL: Es gilt natürlich, diesen sehr hohen Level zu halten und darüber hinaus die Massen noch mehr dafür zu begeistern, nach Mainz zu kommen. Ein bisschen nach vorne muss es natürlich gehen, denn sonst wäre es keine Entwicklung sondern Stillstand und das ist Rückschritt. Entwicklung bedeutet für die Chess Classic auch, die Veranstaltungsform immer wieder zu verändern und das Ereignis neu zu präsentieren.
HS: Werden Sie wie einige Male in den vergangenen Jahren wieder in einem Open mitspielen oder am Simultan teilnehmen?
BEUTEL: Am Simultan werde ich nicht teilnehmen können. Aber ich werde sowohl beim Ordix als auch im FiNet Open mitspielen. Im letzten Jahr habe ich im Chess960 sehr gut gespielt, aber ganz schlecht abgeschnitten. Und im Ordix war es umgekehrt: ganz schlecht gespielt und sehr viele Punkte geholt.
HS: Was halten Sie vom Chess960?
BEUTEL: Ich spiele es sehr gerne. Die Begeisterung von Organisator Hans-Walter Schmitt hat mich auch angesteckt. Da kann ich dann nicht immer gleich in der Eröffnung überrannt werden. Meine Vorbereitung ist naturgemäß außerordentlich gering. Ich habe immer das Glück, vor den Chess Classic im Urlaub zu sein. Da nehme ich dann immer ein Schachbuch mit. Aber das ist dann meist nur für die eigene Beruhigung. Ich schaue dann mal einen Abend rein und dann genügt das auch wieder. Aber durch das Internet, wo ich morgens vor der Arbeit häufiger ein paar Partien spiele, halte ich mich ein wenig fit.
Zum 60. Geburtstag von Hans-Walter Schmitt kam der OB und spielte mit Freunden ein zweitägiges Chess960-Turnier
HS: Und wie hat sich Chess960 Ihrer Meinung nach seit dem ersten FiNet Open vor sechs Jahren etabliert?
BEUTEL: Es hat mittlerweile auch bei den absoluten Spitzenspielern große Akzeptanz gefunden. Die Angst, sich in dieser Schachart zu blamieren, ist jetzt doch bei den meisten Spielern einem sportlichen Ehrgeiz gewichen, der dem im „Normal“-Schach in nichts nachsteht.
HS: Worin sehen Sie die bedeutendsten Veränderungen der kommenden Chess Classic im Vergleich zu den letzten Jahren?
BEUTEL: Wir haben die Veranstaltungsform noch durch weitere Wettbewerbe bereichert. Die Dauer des Events haben wir um zwei Tage verlängert. Damit ist auch die Möglichkeit für Teilnehmer geschaffen, über das Turnier hinaus Mainz zu besuchen, vielleicht auch Urlaub und Schach zu verbinden.
Chess960-Simultan 2010 in Mainz gegen Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk
HS: Haben Sie persönlichen Kontakt zu einigen der Großmeistern?
BEUTEL: Vishy Anand habe ich im Laufe der Jahre gut kennen gelernt. Er trägt als Seriensieger ja jedes Jahr das Champion-Jackett. Anand ist derjenige, mit dem ich am meisten zu tun hatte. Aber auch mit den anderen, die häufiger da waren, habe ich Kontakt.
Ich hatte das Glück, gegen Kramnik, Svidler, Kosteniuk, Stefanowa, Morozewitsch, Grischuk u.a. im Rahmen der Chess Classic teils im Open, teils im Simultan zu spielen. Gegen Kasparow stand ich übrigens bei seiner Simultanveranstaltung der Chess Classic - damals noch in Frankfurt - auf Gewinn. Ich habe ihm sozusagen ein Remis geschenkt. (lacht). Es war eine außerordentlich komplizierte Stellung, sodass ich mir nach einer dreijährigen Schachabstinenz nicht ganz zutraute, den Gewinn zu forcieren. Daher nahm ich lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. (siehe die unten folgende Partie)
Die zwei wichtigsten Säulen des Erfolgs in Mainz: Jens Beutel & Vishy Anand - links die Gattin des OB, Gudrun Beutel
HS: Kürzlich sind Sie mit einer Delegation in Baku, der Partnerstadt von Mainz, gewesen. Haben sich Ihre Beziehungen günstig auf die Teilnahme der vielen starken aserbaidschanischen GMs ausgewirkt?
BEUTEL: Das weiß ich nicht. Zu den Schachspielern hatte ich bei meinem Besuch keinen Kontakt. Ich habe leider erst nach meiner Abreise mitbekommen, dass zur gleichen Zeit meines Aufenthaltes ein starkes Turnier in Baku stattfand. Die Beziehungen zu der Staatsspitze sind aber sehr eng. Erst vor wenigen Tagen war wieder eine aserbaidschanische Delegation in Mainz. Daher erwarte ich für das kommende Jahr staatliche Unterstützung für die Spitzenspieler Aserbaidschans, die sich positiv auf die Teilnehmerzahlen auswirken sollte.
HS: Also Schach ist auch ein Thema in Ihren Gesprächen gewesen?
BEUTEL: Ich habe das von mir aus angesprochen und auf die Chess Classic hingewiesen. Ich hatte Gesprächspartner, die durchaus so einflussreich sind, dass sie das Schach in Aserbaidschan fördern können.
HS: Glauben Sie, dass die Schnellschach-Weltmeisterschaft, die diesmal im Viererturnier ausgetragen wird, wegen der bevorstehenden WM in Mexiko im September, bei der auch Aronian und Anand teilnehmen, einen besonderen Charakter haben wird?
BEUTEL: Sie hat einen doppelten Charakter. Zum einen werden die Spieler versuchen, sich Selbstvertrauen zu holen. Dadurch ist der Ehrgeiz sicher bei jedem der Teilnehmer geweckt. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass es Remisen nach zwanzig Zügen geben wird. Zum anderen werden sich Anand und Aronian eröffnungstheoretisch sicher nicht schon in die Karten blicken lassen und eher etwas aus ihrem bekannten Repertoire spielen.
HS: Noch ein Ausblick: Glauben Sie, dass Anand zum zehnten Mal die Chess Classic gewinnen wird?
BEUTEL: Anand hat neben seinen phänomenalen Fähigkeiten auch eine unglaubliche Erfahrung in solchen Turnieren. Bislang hat das immer ausgereicht. Aber bei einer solchen Leistungsdichte gibt es keinen klaren Favoriten, wenngleich ich Anand am Ende wieder vorne sehe. Es wird aber vieles von der Tagesform abhängen. Alle Ergebnisse sind möglich und wären für mich letztlich keine Überraschung.
HS: Ich danke Ihnen für das Gespräch.
[Event "Simultanmatch 2000 in Bad
Soden a.T."]
[Site "?"]
[Date "2000.06.19"]
[Round "8"]
[White "Kasparov, Garry"]
[Black "Beutel, Jens"]
[Result "1/2-1/2"]
[ECO "C54"]
[WhiteElo "2851"]
[BlackElo "2057"]
[Annotator "Houdini 4 x64B (10m)"]
[PlyCount "48"]
[SourceVersionDate "2016.12.12"]
{C54: Italienische Partie (Hauptvariante)} {Kommentar: Jens Beutel} 1.
e4 e5 {
Was spielt man gegen Garry Kasparov. Auf alle Fälle nicht
Sizilianisch - es
sei denn, man ist Theorie-Freak. Das kann ein
Oberbürgermeister schon aus
Zeitgründen nicht sein. Hier rechnete ich mit Spanisch.
Vielleicht die offene
Variante, die ich aus aktiver Zeit noch einigermaßen kenne!?}
2. Nf3 Nc6 3.
Bc4 {Das kam für mich überraschend, war mir aber
nicht unangenehm.
Italienisch gehörte zu den ersten Eröffnungen - vor
40 Jahren -, die ichals
Anfänger kennen lernte.} Bc5 4. c3 Nf6 5. d3 d6 6. Bb3 h6 7.
Nbd2 {Letzter
Theoriezug} Bd7 (7... O-O 8. O-O $11) 8. h3 Qe7 {Der
Körpersprache Kasparows
entnahm ich, dass für ihn dieser Zug überraschend
kam. Er hält die Option
für beide Rochaden offen. Sie darf aber nicht erfolgen, bevor
Weiß sich
erklärt hat, wohin er rochieren will, weil sonstder
weiße Angriff
übermächtig wird. KLar ist allerdings, dass Schwarz
irgendwann bereit sein
muss, seinen weißfeldrigen Läufer gegen einen auf f5
auftauchenden Springer
zu tauschen. Die nächsten Züge von Schwarz sind daher
"wait and see"-Züge,
bis sich Weiß erklärt.} 9. Nf1 Bb6 {Genauer ist:}
(9... a6 $11) 10. Ne3 a6
11. a4 g5 12. Ba2 Nd8 (12... Bxe3 13. Bxe3 Be6 14. Bxe6 Qxe6 15. O-O
$11) 13.
Nf5 (13. d4 exd4 14. Nxd4 Nc6 $11 (14... Nxe4 $2 {scheitert an} 15. O-O
$18) (
14... Qxe4 $143 15. O-O Kf8 16. Bb1 $14)) 13... Bxf5 $11 14. exf5
{Weiß hat
das Läuferpaar} Qd7 {Legt die Bauernstruktur fest. Hier
fühlte ich in meiner
Stellung nicht unwohl!} 15. g4 Nc6 16. b4 e4 17. Nd2 $4 {Dies erscheint
ungenau, die Variante} (17. dxe4 $142 {war relativ besser} Nxe4 18. O-O
$11 {
oder} (18. Qe2 Qe7 {kann nur Schwarz gefallen, so dass 16.b4 als
übereilt
bezeichnet werden muss.})) 17... exd3 $19 18. Nc4 Ne5 {Hier war
Kasparov ganz
deutlich abzulesen, dass ihm seine Stellung unangenehm war. So
scheitert} 19.
O-O (19. Nxb6 Qc6 20. Nxa8 {verbietet sich wegen} Qxh1+ 21. Kd2 Nf3+
$19 {
und Damenverlust.}) ({Wenn aber} 19. Nxe5 dxe5 {erfolgt, behauptet
Schwarz
einen gesunden Mehrbauer.}) 19... O-O-O 20. Nxb6+ cxb6 21. b5 (21. f3
Rdg8 22.
Qd2 h5 $19 {mit deutlichem Vorteil für Schwarz.}) 21... a5 {Es
wäre töricht,
gegen einen Angriffskünstler wie Kasparov Linien gegen den
eigenen König zu
öffnen , wenn auch} (21... axb5 $5 22. Bb1 (22. axb5 Qxb5 $19
{
möglicherweise spielbar ist!}) 22... bxa4 23. Bxd3 $19) 22. f3
{Richtet sich
gegen Se4. Das aggressive} (22. f4 gxf4 23. Bxf4 Rhg8 24. Bb3 h5 25. g5
Qxf5
$19 {Ist für Weiß stets gefährlich, denn
alle schwarzen Schwerfiguren
können sich nach einem eventualen Springeropfer auf g4 schnell
gegen den
weißen König richten. Ich glaube nicvht, dass
Weiß diesen Ansturm
überleben würde, Hier dachte ich erstmals
über ein Remisangebot nach, denn
die Stellung schien mir doch so kompliziert, dass die Gefahr eines
Strauchelns
für einen Mann wie mich ohne nennenswerte aktuelle Praxis hoch
erschien.
"Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach!"
Zunächst aber
überwog die Neugier, wie es wohl weitergehen würde
...}) 22... Rhe8 23. Bb1
Qc7 {Hier konnte ich nach dem mich überraschenden Zug Lb1 der
Versuchung
nicht standhalten und bot Remis an, was ohne Zögern angenommen
wurde. Nach}
24. Bxd3 Nd5 {stehen die zentralisierten schwarzen Figuren optimal.
Diese
Stellung zufriedenstellend auszuanalysieren, ist mir nicht einmal im
Urlaub
geglückt. Ich will nicht durch ausufernde Analysen den Rahmen
dieser
Anmerkungen sprengen. Die Quintessenz meiner Untersuchungen lautet,
dass
Schwarz sehr gute Gewinnchancen hat, aber wie alles gekommen
wäre, hätte ich
weitergespielt, steht in den Sternen. Jedenfalls ein einmaliges
Erlebnis. Remis
} 1/2-1/2