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Chess Classic
700 Teilnehmer plus einen Kamsky
Bericht zur Chess Classic Mainz 2010 mit vielen bisher unveröffentlichten Bildern
19.08.2010 - 200 Teilnehmer sind so eine Marke bei sehr vielen offenen Turnieren, wenn diese erreicht oder gar übertroffen wurde, dann ist man als Veranstalter zufrieden. Für die diesjährige Chess Classic Mainz, welche vom 06. bis 08. August stattfand, lag diese Grenze bei dem Dreifachen, also 600 Teilnehmern. Schließlich fielen bei der zehnten Auflage sowohl die Abendveranstaltungen als auch das mittlerweile sehr beliebte Chess960-Open dem Rotstift zum Opfer. Die schweren wirtschaftlichen Zeiten hatten viele Sponsoren dazu gezwungen, ihr Engagement erheblich zu drosseln oder ganz einzustellen und so schraubte Organisator Hans-Walter Schmitt mit seinen veranstaltenden Chess Tigers die Erwartungen nicht zu hoch. Aber dann explodierten die Anmeldezahlen in den letzten Wochen vor der Veranstaltung förmlich und letztlich sollten es exakt 701 Schachfreunde aus aller Welt werden, die an der ersten offenen Schnellschach-WM der Geschichte teilnahmen. Dies ist nach 2007, als es 762 waren, die zweithöchste Teilnehmerzahl aller vorherigen 17 Chess Classics. Der Elo-Schnitt der zehn besten Spieler von 2727 stellte zudem tatsächlich einen neuen Rekord dar. Die Idee, aus dem großen Open zumindest temporär eine offene Schnellschachweltmeisterschaft zu machen, wurde aus der Not geboren, aber rückblickend kann man feststellen, dass die 1. Offene Grenke Rapid World Championship ein voller Erfolg war, mit fast 4.000 gespielten Partien und einem Sieger, den kaum ein Experte zuvor auf der Rechnung hatte. Dabei hatte der neue Schnellschach-Champion später eine logische Erklärung für seinen Erfolg parat.

Chess Classic Mainz 2010

Runde 1

Almira Skripchenko

Wenn ein Turnier mit über 700 Teilnehmern 15 Minuten später beginnt als vorgesehen, kann man mit Recht behaupten, pünktlich gewesen zu sein. Um 14:15 Uhr startete Turnierdirektor Dr. Markus Keller, nachdem Hans-Walter Schmitt und der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel die Anwesenden begrüßt hatten, die erste Runde. Es ist in Mainz Tradition, dass zum Auftakt zwei Ehrengäste der Chess Tigers gegen die beiden Top-Spieler auf der Bühne antreten dürfen, wobei Wert darauf gelegt wird, dass dadurch die Logik des Auslosungssystems nicht allzu sehr strapaziert wird – die Spieler also in etwa über die passende Spielstärke verfügen. Da der OB in diesem Jahr lieber „normal“ ausgelost werden wollte, erhielt der ehemalige Bundesligaspieler und heutige Co-Veranstalter des Tennisturniers „ATP-Turnier Heilbronn Open“ Ulrich Gass dessen Platz und durfte sich mit Levon Aronian messen. Gegen die Nummer 2 der Setzliste Alexander Grischuk spielte nicht zum ersten Mal Prof. Dr. Eckhard Freise. Deutschlandweit als einer der wenigen Jauch-Millionäre bekannt, hat sich der Historiker und Hochschullehrer unter Schachspielern großen Respekt verdient, als er 2001 in Mainz gegen Viswanathan Anand im Simultan siegte. Weder Freise noch Gass konnten ihren übermächtigen Gegnern ernsthafte Probleme bereiten und so verhielt es sich an allen weiteren knapp 50 Tischen. Die Favoriten gaben sich keine Blöße. Die vermutlich größte Sensation ereignete sich erst an Brett 56, wo die titellose Susan Großmann gegen WGM Almira Skripchenko den vollen Punkt erzielte.

Es ist angerichtet...

Dieses Brett galt es zu erreichen, wenn man
Schnellschachweltmeister 2010 werden wollte

Prime Partner ChessBase hatte 500(!) Exemplare seines neuesten
Magazins gestiftet, welche an den ersten 250 Tischen ausgelegt wurden

Chef-Organisator Hans-Walter Schmitt eröffnet die Chess Classic Mainz 2010

Der Mainzer OB Jens Beutel begrüßt die restlichen 700 Teilnehmer

Auf die Plätze, fertig, los!

Ulrich Gass gegen Levon Aronian

Alexander Grischuk gegen Prof. Dr. Eckhard Freise


Runde 2

FM Harry Schaack

Auch in der zweiten Runde wurden die meisten Eloriesen ihrer Favoritenrolle gerecht. Doch schon an Tisch 20 musste der erste 2600er ins Gras beißen. FM Harry Schaack, den man sonst als Herausgeber des kulturellen Schachmagazins KARL kennt, bewies, dass er nicht nur ausgezeichnet über Schach schreiben kann. Leidtragender dieser Erkenntnis war der Ukrainer GM Andrey Sumets, mit 2618 immerhin die Nummer 20 der Setzliste. Einen ganz besonderen Moment durfte auch der Trierer Maxim Korman erleben. Er besiegte mit GM Vlastimil Hort eine leibhaftige Schachlegende. Und noch ein prominenter Meisterspieler bekam die volle Härte eines erfahrenen Open-Spielers zu spüren. IM Malcolm Pein ist in der Schachszene als der Organisator der 2009 ins Leben gerufenen London Chess Classic bekannt und war eigentlich nach Mainz gekommen, um sich Inspiration für seine eigene Veranstaltung zu holen und natürlich selbst mitzuspielen. Ersteres klappte ausgezeichnet, doch den Spaß am Spielen verhagelte ihm kurzzeitig der junge hessische Nachwuchsspieler Alexander Donchenko. Selbst der Sohn eines Internationalen Meisters, zeigte Donchenko keinen Respekt vor dem Titel und legte mit seinem Sieg den Grundstein für ein starkes Turnier.

Vlasti Hort gehört schon lange zum Inventar der Classic


Runde 3

Jetzt erwischte es zum ersten Mal einen Spieler aus dem erweiterten Kreis der Titelaspiranten. Arkadij Naiditsch stand bei der Chess Classic mehrfach vor dem ganz großen Wurf und hatte sicher auch in diesem Jahr mit dem Platz an der Sonne geliebäugelt, aber da machte ihm WGM Elvira Berend-Sakhatova bereits in der dritten Runde der WM einen jähen Strich durch die Rechnung. Eine derart frühe Niederlage lässt sich zwar wieder ausbügeln, doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man bei Punktgleichheit letztlich nach Zweitwertung (in Mainz ist dies die Fortschrittswertung) hinten sein wird. Es ist also nicht übertrieben, wenn man behauptet, dass von diesem Zeitpunkt an Naiditsch schon so gut wie aus dem Titelrennen war.

Berend 2307 – Naiditsch 2684
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (3)

Naiditsch hatte lange und vergeblich aus der Eröffnung heraus um Ausgleich gekämpft. Mittlerweile stand er mit einem Minusbauern da und musste auf ein Wunder hoffen. Dies blieb allerdings aus. Nach 37...Ke6?! 38.Sc4

38.Txe5+! Kxe5 39.Sxf7+ +-

38...Txd5 39.exd5+! stand Schwarz glatt auf Verlust.

Mit 39.Txd5? hätte Weiß auch fehlgreifen können, denn nach 39...Tc8 40.Sxe5 Txc3± hätte der Sieg doch noch in Frage gestanden.

39...Kf6 40.Tb1! Diese tödliche Fesselung entscheidet. 40...Tc8 Vielleicht hatte sich Naiditsch auf diesen Zug verlassen. Dann dürfte ihn 41.Sd6!+- wie der Blitz aus heiterem Himmel getroffen haben, denn das Schlagen auf c3 verbietet sich wegen der Springergabel auf e4. Es folgte noch 41...Sd2, doch nach 42.Tb6 reichte es dem Deutschen endgültig. 1–0

Da wähnte sich Arkadij Naiditsch noch in der Favoritenrolle...


...doch Elvira Berend-Sakhatova wollte da nicht mitspielen


Naiditsch holt aus, um seiner Gegnerin zu gratulieren


Runde 4

IM Ilja Schneider

Wer ein derart großes Open gewinnen möchte, hat eigentlich keine Wahl, er muss den ersten Tag mit makelloser Punktausbeute überstehen. Doch spätestens ab der vierten Runde fanden auch die Schnellschach-Spezialisten den Weg nach oben, die ansonsten im Weltschach keine besondere Rolle spielen. Einer von ihnen ist IM Ilja Schneider, der sich gerne selbst als der beste Kaffeehausspieler Deutschlands sieht. Seine Elo bewegt sich bereits um 2500 herum, doch den GM-Titel konnte er sich bisher nicht erspielen. Blitz- und Schnellschach zählen zu den Stärken des gebürtigen Moskauers und in der vierten Runde durfte er seine Qualitäten gegen Alexei Shirov in die Waagschale werfen. Durchaus mit Erfolg, denn ihm gelang es, den Top-GM in nur 22 Zügen zu einem Remis zu überreden. Wer hier leichtfertig von einem Kurzremis spricht, wird seine Meinung nach einem genaueren Blick auf die Partie ändern. An entscheidender Stelle traute sich der Wahl-Spanier offenbar nicht, das Risiko richtig hochzuschrauben. Aber auch Schneider zierte sich in der Folge, den großen Gegner unnötig zu reizen.

Schneider, I. 2515 – Shirov 2749
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (4)

Die schwarze Situation ist trotz des Mehrbauers gar nicht so einfach, denn sein König steht im Zentrum sehr gefährdet. Aus diesem Grund zog Shirov nun 17...Ld6, statt den e-Bauer mit Schach zu schlagen. Wahrscheinlich wäre dies jedoch die einzige Möglichkeit gewesen, einen vollen Punkt zu erzielen.

17...Dxe3+!? Die Gefahren für Schwarz sind offensichtlich. Er muss in der Folge Te1 verhindern. 18.Kh1 Sd3 Der Springer deckt nun das Feld e1, greift den Lb2 an und zudem sieht natürlich Sf2+ gefährlich aus. Letzteres ist bei genauerem Hinsehen jedoch keine Drohung. 19.Lc3 f5!?-/+ Hätte Shirov erkannt, dass er in dieser Stellung haarscharf alle weißen Drohungen im Griff hat und Weiß sich nicht weiter verstärken kann, der Direktor des Schachzoos wäre in arge Erklärungsnot geraten. (19...Sf2+?? wäre dagegen ein böser Fehler, denn nach 20.Txf2 Dxf2 21.Dxd5+- steht Weiß mit der neuerlichen Drohung Te1+ auf Gewinn.)

18.Dxd5 Txh3!?

Sicherer geschah 18...Sxf3+ 19.Dxf3 0–0=

19.Dxd6 Weiß geht auf Nummer sicher und zwingt seinen Gegner zur Punktteilung.

Die Alternative bestand in 19.Le4!? Dxe3+ 20.Tf2, wonach Schwarz 20...Sf3+ finden muss, was nach weiter 21.Lxf3 Lh2+ 22.Kf1 Lg3 23.De4+ Dxe4 24.Lxe4 Th1+ 25.Ke2 Txa1 26.Lxa1 Lxf2 27.Lxb7 Td8 28.Kxf2 Td2+ 29.Ke3 Txa2 so gerade zum Remis reichen sollte.

19...Sxf3+ 20.Txf3 Txf3 21.La3 Dxe3+ 22.Kh1 ½–½

So ein Schnappschuss von Alexei Shirov hat Seltenheitswert

Ob das an seiner bezaubernden Begleitung lag?


Runde 5

FM Ulrich Schwekendiek

In der letzten Runde des ersten Tages entscheidet sich zumeist, wer für den zweiten Tag als Gesamtsieger in Frage kommt. Nun sieht man bis auf wenige Ausnahmen nur noch Großmeister an den Spitzenbrettern und für die meisten Favoriten hat zum ersten Mal die Stunde der Wahrheit geschlagen. Umso erstaunlicher, dass auch jetzt die besten Spieler keine nennenswerten Probleme hatten. Levon Aronian beispielsweise erspielte sich gegen Yannick Pelletier ein gewonnenes Turmendspiel, Alexander Grischuk fegte Pavel Tregubov in 25 Zügen vom Brett und Sergey Karjakin tat sich gegen Ehsan Ghaem Maghami auch nicht wirklich schwer. So ging es von Tisch zu Tisch weiter bis zur … Nummer 28. Dort traf Arkadij Naiditsch auf FM Ulrich Schwekendiek und unterlag in nur 21 Zügen – gegen das Königsgambit! Damit war der Deutsche endgültig aus dem Rennen um den WM-Titel. Umso bemerkenswerter, dass er sich am zweiten Turniertag nochmals motivieren und mit 6/6 einen formidablen Endspurt hinlegen konnte, welcher ihn letztlich immerhin noch auf den neunten Rang vorspülte. Doch schauen wir uns an, wie sehenswert Schwekendiek mit den Motiven des Königs der Gambite spielte und gnadenlos jeden Fehler bestrafte.

Schwekendiek 2279 – Naiditsch 2684
Königsgambit C39
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (5)

1.e4 e5 2.f4 exf4 3.Sf3 g5 4.h4 g4 5.Se5 d5?! Dieser Versuch, umgehend theoretische Pfade zu verlassen, wird sich nicht bewähren.

Gebräuchlich ist eher 5...d6 oder 5...Sf6.

6.exd5 Ld6?!

Besser ist noch 6...Dxd5.

7.d4 Sf6 8.Sc3 Sh5? Der Versuch, den f-Bauern zu halten, verliert in der Tat glatt.

Besser geschah 8...0–0 9.Lxf4 Sh5 10.g3±.

9.Lb5+! Weiß bereitet mit Tempogewinn die kurze Rochade vor. 9...Kf8

10.Lxf4!! Doch vorher schnappt er sich den scheinbar gedeckten Bauern! 10...Sxf4 11.0–0+- Weiß steht auf Gewinn! 11...Sg6 12.Sxf7 Lh2+ Die einzige praktische Chance, den vielen Abzugsmöglichkeiten zu entgehen. Doch nach 13.Kxh2 Dxh4+ 14.Kg1 g3 ist es eben der Nachziehende, der zuerst mahlt. 15.Sg5+ Kg7? Das beschleunigt das Ende.

Aber 15...Kg8 16.Sf3+- macht natürlich auch keinen Spaß mehr.

16.Tf7+ Kg8 Schwarz droht nichts, also 17.Sce4! und nach 17...Dh2+ 18.Kf1 Dh1+ 19.Ke2 Lg4+ 20.Kd3 Sf4+ 21.Kc4+- gab sich die deutsche Nummer 1 geschlagen. 1–0

Der amtierende Schnellschachweltmeister begrüßte Yannick Pelletier herzlich...

...doch auf dem Brett war's dann vorbei mit der Freundlichkeit!

Alexander Grischuk ließ...

...Pavel Tregubov keine Chance

Sergey Karjakin siegte sicher...

...gegen Ehsan Ghaem Maghami


Runde 6

Ein Dutzend Großmeister hatte den ersten Tag ohne Punktverlust überstanden und es stellte sich die spannende Frage, wer besser geschlafen und sich auf den Gegner der sechsten Runde vorbereitet hatte. Am Spitzenbrett traf der amtierende Champion Aronian auf Ernesto Inarkiev und kam trotz zwischenzeitlich großem Vorteil nicht über ein Remis hinaus. Noch schlimmer erwischte es die Nummer 2 der Setzliste Grischuk. Anand-Sekundant Rustam Kasimdzhanov stand gegen den zweifachen ORDIX Open-Sieger bereits mit dem Rücken zur Wand, doch dann ließ der Russe ein Mal nicht die nötige Sorgfalt walten und wurde von Kasim klassisch ausgekontert.

Grischuk 2760 – Kasimdzhanov 2699
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (6)

Hier wähnte sich Grischuk nicht zu Unrecht in Vorteil und spielte ohne Zögern 37.h6??, denn schließlich droht nun ja das Matt auf g7. Allerdings hatte er dabei eine Kleinigkeit übersehen.

Nach einfach 37.Tf3+- läuft die richtige Gewinnidee h5-h6 nicht weg.

37...De5!-+ Ups, jetzt ist der Turm gefesselt und das Matt gedeckt! In der Folge machte es Kasimdzhanov zwar noch unnötig spannend, aber letztlich gewann er gegen einen der ganz heißen Titelanwärter.

Am Ende der sechsten Runde waren noch fünf Spieler mit voller Punktzahl übrig. Man brauchte kein großer Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass der spätere Sieger Kamsky, Karjakin, Kasimdzhanov, Gashimov oder Bologan lauten würde.

Vor der Partie gönnte sich Rustam Kasimdzhanov
die vielleicht entscheidende Dosis Koffein

Ernesto Inarkiev luchste Aronian einen wichtigen halben Punkt ab


Runde 7

Wenn jemand auf eine erfolgreiche Titelverteidigung von Aronian gewettet hatte, musste er spätestens nach der siebten Runde seinen Einsatz abschreiben. Der in Berlin lebende Armenier traf auf Gata Kamsky und verlief sich in einem zu teuren Königsangriff. Statt diesen abzubrechen und auf Remis umzuschalten, riskierte er zu viel und verlor. Keine Frage, dass Kamsky diesen und den gleich darauf folgenden Sieg post mortem als die wichtigsten bezeichnete. Urplötzlich war aus dem Führungsquintett eine Solonummer geworden, denn keiner der Hundertprozentler konnte es dem Amerikaner gleichtun. Karjakin remisierte gegen Bologan, und auch Kasimdzhanov und Gashimov trennten sich unentschieden.

Aronian 2783 – Kamsky 2713
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (7)

In dieser komplizierten Stellung kam Aronian vom rechten Weg ab. 26.Sxh6+?

Richtig war 26.Sxd4!, um nach 26...cxd4 27.Lxe6+ Kh7 28.Txc1 aufgrund des geschwächten schwarzen Königs Kompensation für die Qualität zu haben.

26...Kg7 27.Dxc1 Dd5!-/+ 28.Te1?!

Besser geschah 28.Txd4 cxd4 29.f3-/+

28...Dh5-+ Jetzt hat Schwarz am Königsflügel die Kontrolle und kann sein Mehrmaterial verwerten. Kamsky siegte nach 51 Zügen.

Ja, das war der Titelverlust für Levon Aronian...

...und ein Big Point für Gata Kamsky

Remis am Spitzenbrett zwischen Viktor Bologan und Sergey Karjakin

Auch zwischen Rustam Kasimdzhanov und Vugar Gashimov gab es keinen Sieger


Runde 8

Kommen wir zu der Meisterleistung schlechthin bei der Schnellschach-WM. Am Spitzenbrett traf Kamsky auf Karjakin. Nach dem Weltmeister musste der amerikanische Landesmeister also gleich auch gegen den amtierenden World Rapid Cup-Sieger antreten. Würde er diesen ebenfalls schlagen, da waren sich so langsam alle Experten einig, würde er auch den Titel gewinnen. Es entbrannte ein erhofft hochklassiger Kampf, an dessen Scheitelpunkt Kamsky ein geniales Damenopfer entkorkte und die Partie für sich entschied. Parallel konnten nur Gashimov (Sieg gegen Bologan) und Kasimdzhanov (Sieg gegen Inarkiev) folgen und den Abstand von einem halben Zähler wahren.

Die Partie des Turniers wurde zwischen Gata Kamsky und Sergey Karjakin produziert

Kamsky 2713 – Karjakin 2747
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (8)

Zuletzt hatte Karjakin seinen Springer von e6 nach c5 abgezogen und damit die gegnerische Dame ins Visier genommen. In der Tat stünde Schwarz bei einem Damenzug sehr gut, doch Kamsky hatte andere Pläne. 24.bxc5!! Ein sehr schönes Damenopfer! 24...Txe5 25.Sxe5 Sxc5

Die Alternativen, um den wunden Punkt f7 zu decken, helfen ebenfalls nicht: 25...Sg5 26.h4 Se6 27.Sxf7 Kxf7 (27...Sxc5 28.Sd6+ Sxb3 29.Sxb7 Sxa1 30.Sa5+-) 28.Txe6 Kf8 29.Tae1+- Schwarz zappelt in einem Mattnetz, aus welchem er nur unter großen Materialverlusten entkommen wird.

25...Ld5 bringt wegen 26.c6! Lxc6 27.Tad1!+- ebenfalls keine Entlastung für f7.

26.Lxf7+ Kh8 27.Tad1!! Ein sehr starker Zug, auf den Kamsky im Nachhinein besonders stolz war. Eiskalt lässt er den Einschlag 27...Lxg2 zu, um mit 28.Td4! im Gegenzug Sg6+ nebst Th4# zu drohen. 28...h6

Auf 28...g6 oder gar 28...g5 demaskiert Weiß mit 29.c4+- tödlich den schlafenden Riesen auf b2.

29.La3!+- Jetzt geht es dem Springer an den Kragen. Wegziehen kann er nicht, denn dann dringt Weiß mit seinem Turm nach d7 vor und kassiert den Läufer auf g2. Es folgte 29...Dxh3

29...Lh1 30.f3 Lxf3 31.Lxc5 Lh1 32.Td2+-

30.Ld5 Dc8 31.Lxc5 Dxc5 32.Lxa8+- und Schwarz hätte getrost aufgeben können. Natürlich kämpfte Karjakin noch weiter, doch nach 62 Zügen musste er die Waffen strecken.

Auch Vugar Gashimov gelang gegen Viktor Bologan eine Glanzpartie

Gashimov 2719 – Bologan 2695
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (8)

Die Eröffnung ist für Schwarz denkbar ungünstig verlaufen. Irgendwie hat Bologan seinen König in der Mitte „vergessen“ und nun bekam er ihn nicht mehr weg. Dennoch ist es durchaus sehenswert, mit welch' einfachen Mitteln Gashimov eine klare Gewinnstellung erreicht. 17.Lxd5!+- Weiß entfernt die einzige gute Figur des Schwarzen. 17...exd5

17...Dxd5 ist nicht besser. Nach 18.Sf4 wird es teuer für den Nachziehenden. 18...Dd7 (18...Dxe5 19.Dxh5+ g6 20.Dg4 0–0 21.Sxe6+-) 19.Dxh5+ Df7 20.Sxe6 Dxh5 21.Sxg7+ +-

18.e6! Dxe6 Den Bauer am Leben zu lassen, käme der Kapitulation gleich. Dann lieber mit wehenden Fahnen untergehen, wird sich Bologan gedacht haben. 19.Sf4 Dd6 20.Dxh5+ g6

20...Kd7 21.Df7+ Kc8 (21...Se7 22.Tae1 Tae8 23.Te6+-) 22.Tae1+-

21.Dh6

21.Tae1+ hätte natürlich auch gewonnen. z. B. 21...Kd7 22.Dg4+ Kc7 23.Se6+ Kb6 24.Lf4 Dd7 25.Lc7+ Kb5 26.a4+ Kb4 27.c3+ +-

21...Df8 22.Dxf8+ Txf8 23.Sxd5 Tf7 24.Sf6+ Schwarz gab auf.


Runde 9

Wer ein Turnier wie das Grenke Open gewinnt, benötigt natürlich auch etwas Glück. Nahezu seinen gesamten Vorrat hatte sich Kamsky offenbar für die neunte Runde aufgespart und verbrauchte diesen dann auch fast völlig. Er geriet gleich mehrfach in eine verlorene Stellung, doch Kasimdzhanov verpasste ein ums andere Mal den entscheidenden Streich und landete schließlich in einem Endspiel mit Mehrbauer, welches kaum noch zu gewinnen war. Doch was dann geschah, sieht man auf so hohem Niveau nur ganz selten. Am zweiten Brett sollte sich derweil entscheiden, wer Kamsky überhaupt noch würde gefährden können, und es hätte mit etwas Glück tatsächlich noch ein Deutscher werden können. Aber Gashimov hatte eigene Pläne und schlug Daniel Fridman letztlich sicher.

Um ein Haar wäre Rustam Kasimdzhanov und nicht Gata Kamsky vorn gewesen

Kasimdzhanov 2699 – Kamsky 2713
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (9)

Nach 70.Te5?? stutze Kamsky kurz und zog dann 70...Sc1-+. Kasimdzhanov gab sogleich auf.

Nach Kilogramm lagen die Vorteile klar bei Daniel Fridman,
doch das Spiel neigte sich zu Gunsten von Vugar Gashimov


Runde 10

Kamsky 9 Punkte, Gashimov 8,5 und Robert Kempinski 8, so sah die Top 3 nach neun Runden aus. Der erfahrene Tabellenführer wusste haargenau, dass er nur noch zwei Unentschieden benötigte, um mit ziemlich großer Sicherheit den geteilten ersten Rang in der Tasche zu haben. Die Zweitwertung würde ihn dann zum alleinigen Sieger machen. Ihm ist es also nicht zu verübeln, dass er in der zehnten Runde den Fuß vom Gas nahm und darauf bedacht war, gegen seinen ärgsten Verfolger in aller erster Linie nicht zu verlieren. Entsprechend froh wird er gewesen sein, als Gashimov ähnlich friedliche Tendenzen zeigte und so fand man sich nach 30 Zügen in einer willkommenen Zugwiederholung wieder. Jetzt hätte nur noch Kempinski mit einem Sieg gegen Aronian gefährlich werden können. Letzterer wollte jedoch selbst noch eine möglichst gute Platzierung erhaschen und schlug den Polen. Den schnellsten Sieg der Top-Spieler erzielte Grischuk am dritten Brett gegen Andrei Istratescu. Der Rumäne war dem Katalanen seines Gegners in keinster Weise gewachsen und starb im Königsangriff.

Grischuk 2760 – Istratescu 2620
Katalanisch E04
CCM10 - GRENKE Rapid WCh (10)

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.g3 d5 4.Sf3 dxc4 5.Lg2 a6 6.0–0 Sc6 7.e3 Ld7 8.Sc3 Lb4 9.Se5 Lxc3 10.bxc3 Sxe5 11.dxe5 Sd5 12.La3 Dg5 13.Dd4 Lc6 14.h4 Dg6 15.Tfd1 f5 16.Dxc4 0–0–0 17.Dc5 De8

Die Tür zum schwarzen König ist nur einen Spalt breit geöffnet. Das genügt Grischuk. 18.Da7!+- Die Hauptdrohung lautet nun einfach c3-c4, wogegen es kein probates Mittel gibt. 18...Sb6 So kommt Schwarz seinem Gegner zwar entgegen, aber die nun folgenden Konsequenzen konnte er ohnehin nicht verhindern. 19.Txd8+! Kxd8

19...Dxd8 ist auch nicht besser. 20.Lxc6 bxc6 21.Dxa6+ Kb8 (21...Kd7 22.Td1+ +-) 22.Tb1+-

20.Lxc6 bxc6 21.Td1+ Kc8 22.Dxa6+ Kb8 23.Tb1 Schwarz gab auf, denn gegen Txb6+ nebst Ld6+ gibt es keine vernünftige Verteidigung mehr. 1–0

Gut gelaunt ließ Alexander Grischuk...

... Andrei Istratescu keine Chance

Erst in der zehnten Runde nahm Gata Kamsky gegen
Vugar Gashimov das Tempo raus und war mit einem Remis zufrieden


Runde 11

Wie Kamsky umgehend nach der letzten Runde im Interview angab, wollte er vor der Partie gegen Grischuk unbedingt alleiniger Sieger nach Punkten und nicht nach Wertung werden. Das lässt sich natürlich leicht sagen, wenn man zuvor wusste, dass es zwar eine ganze Reihe Verfolger mit 8,5 Punkten gab, doch nur noch ein Spieler ihn wirklich gefährden konnte. Der Amerikaner brauchte nur ab und an einen Blick auf die große Leinwand über sich werfen, um zu erkennen, dass Gashimov trotz der weißen Steine keine entscheidenden Vorteile gegen Karjakin erzielte. Als diese Partie nach 30 Zügen im Remishafen endete, hätte Kamsky seine schwierige Stellung sogar verlieren dürfen, er wäre dennoch vor dem Aserbaidschaner Erster geworden. Trotzdem war er natürlich im Nachhinein glücklich, dass er das schlechte Endspiel halten und mit einem halben Punkt Vorsprung auf eben Gashimov, Aronian und den sich still und heimlich nach oben gespielten Evgeny Bareev triumphieren konnte.

Der schnellste Spieler der Chess Classic Mainz 2010 rauscht zur letzten Runde heran

Blick auf die Bühne der Rheingoldhalle in der letzten Runde

Vugar Gashimov und Sergey Karjakin konnten gelöst
zuschauen, wie Kamsky um seinen zehnten Punkt kämpfte

Und auch der Rest der Halle...

...wollte Zeuge des historischen Ereignisses sein

Ein letzter prüfender Blick von Alexander Grischuk auf die
Leinwand, doch die Hand schnellt bereits zum Friedensschluss nach vorn

Wenn sich die Hände berühren, ist das Turnier beendet...

Es ist vollbracht!

"Du bist jetzt Weltmeister, Gata!"

"Respekt!"

Ehrung der Sieger (v.l.n.r.): Christian Bossert (GRENKELEASING AG),
Hans-Walter Schmitt, Vugar Gashimov (Platz 2), Gata Kamsky (Weltmeister),
Levon Aronian (Platz 3) und Jürgen Wienecke (Schatzmeister)


Der neue Weltmeister

Gleich nach der letzten Runde erhielt Kamsky den ersten Teil seiner Siegprämie, welchen er sich auch gleich aufsetzte

Gata Kamsky, geboren 1974 im Südwesten Sibiriens und 1989 in die USA emigriert, ist der einzige Schachspieler, der seine eigentlich hervorragend laufende Karriere in der Weltklasse beendete und dann Jahre später erfolgreich zurückkehrte. 1996 scheiterte Kamsky gleich zweimal bei dem Versuch, Weltmeister zu werden, knapp an Anatoly Karpov (FIDE-WM) und Viswanathan Anand (PCA-WM) und beschloss daraufhin, in seiner Wahlheimat Jura zu studieren, um Anwalt zu werden. Nach einem kurzen Auftritt 1999 bei der FIDE-Weltmeisterschaft in Las Vegas, Kamsky schied früh gegen den späteren Weltmeister Alexander Khalifman aus, dauerte es weitere fünf Jahre, bis er sich wieder ernsthaft dem Turnierschach widmete. In der Zwischenzeit hatte er auf dem Schach-Server des Internet Chess Clubs (ICC) immer wieder Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wenn er in seiner Freizeit mit seinem unorthodoxen Stil und Eröffnungsrepertoire aktuelle Weltklassespieler im Blitzen schlug. Diese Spielweise hat sich Kamsky nach eigener Aussage bis heute behalten. Er unterhält keinen großen Stab an Sekundanten und auch das Pauken und Erforschen von Eröffnungen liegt ihm eher weniger. Er ist ein Natur-Schachspieler, liebt unübersichtliche Stellungen, taktische Wendungen und riskiert auch gerne mal mehr als seine Kollegen. So wundert es schon weitaus weniger, dass der Amerikaner 2010 die von der GRENKELEASING AG gesponserte Weltmeisterschaft im Schnellschach gewinnen konnte. Er ist erst der dritte Spieler in der Geschichte der Chess Classic, der in elf Runden zehn Punkte erzielen konnte. 1996 gelang dies dem einstigen deutschen Spitzenspieler Eric Lobron und erst 2009 hatte Shakhriyar Mamedyarov dieses Kunststück vollbracht. Gata Kamsky ist in allen Belangen ein würdiger Champion und würde am liebsten im kommenden Jahr seinen Titel gegen Viswanathan Anand verteidigen…

"Ich will Anand!", ließ Kamsky Hans-Walter Schmitt und dessen Gattin Cornelia wissen

Das "Objekt der Begierde" war die ganze Zeit in der Nähe und schaute mehrmals persönlich in der Halle vorbei. Vishy hat den Ruf des neuen Schnellschachweltmeisters vernommen und wir werden sehen, was die Zeit bringt. Völlig ausgeschlossen ist das Duell jedenfalls nicht!


Weltmeister-Simultans

Henrik Karlzen

Vielen Teilnehmern in Mainz wird vermutlich nicht klar gewesen sein, dass sie zwischenzeitlich mit vier Weltmeistern die Rheingoldhalle teilten. Während Schnellschachweltmeister Levon Aronian, Doppelweltmeisterin Alexandra Kosteniuk (traditionelles Schach und Chess960) sowie Seniorenweltmeister Miso Cebalo selbst teilnahmen, ließ es sich der Rekordsieger und amtierende Weltmeister Viswanathan Anand nicht nehmen, von Zeit zu Zeit persönlich vorbeizuschauen. Zuvor hatte er am Freitag gemeinsam mit Kosteniuk die Chess Classic eröffnet. Während Anand gegen 40 Gegner im Standard Simultan antrat, stellte sich sein weibliches Pendant 20 Gegnern im Chess960. Die schöne Russin verlor keine ihrer Partien und gestatte lediglich vier Unentschieden. Der indische Superstar erreichte zwar mit 90 Prozent die gleiche Quote, aber er ärgerte sich dennoch über einige ungenaue Züge, welche Bernd Grill (2229) und Henrik Karlzen (1800) jeweils den Sieg bescherten. Karlzen ist übrigens Schwede und nicht der Papa von Magnus Carlsen, wie Mancher bei der Ähnlichkeit der Namen annehmen könnte. Hier seine Gewinnpartie gegen den Champion:

Anand 2800 – Karlzen 1800
Benoni A65
CCM10 - Standard Simultan

1.d4 Sf6 2.c4 c5 3.d5 e6 4.Sc3 exd5 5.cxd5 d6 6.e4 g6 7.Sge2 Lg7 8.Sg3 0–0 9.Le2 Sa6 10.Lxa6? Dies ist bereits ein ernster Fehler des Weltmeisters. Die halboffene b-Linie entschädigt Schwarz für die zerstörte Bauernstruktur.

Üblich ist beispielsweise 10.0–0 Sc7 11.a4 a6.

10...bxa6 11.0–0 Tb8 12.Te1 Sg4! 13.h3 Se5 14.f4? So viel Aktivität verträgt die weiße Stellung schon nicht mehr. 14...Dh4! 15.Sce2 Sf3+! Dieser schöne Trick muss Anand entgangen sein. Jetzt wird es sehr ungemütlich für den weißen König.

16.gxf3 Ld4+ 17.Sxd4 Dxg3+ 18.Kf1 cxd4

Noch einfacher geschah 18...Lxh3+ 19.Ke2 Lg2-+ mit einer wunderbaren Stellung.

19.Ke2 Mittlerweile führen viele Wege nach Rom und Schwarz findet nicht immer den kürzesten, aber er handelt in der Folge sehr logisch, indem er versucht, möglichst rasch seine verbliebenen Kräfte zu mobilisieren. 19...a5

Erst 19...Dg2+ 20.Kd3 und dann 20...a5 hätte Anand vermutlich zur sofortigen Aufgabe bewegt.

20.Dxd4 La6+ 21.Kd2 Dxf4+

21...Dg2+ gewinnt erneut schneller.

22.De3 Dh2+ 23.Kd1 Tfc8 Er gönnt dem Champion aber auch keine Pause! 24.Ld2 Txb2 25.Tc1 Txc1+ 26.Kxc1 Txa2 27.Dd4?

27.Dc3! mit der gleichen tückischen Idee Lh6 oder auch e4-e5 hätte Weiß noch versuchen sollen. Vielleicht wäre dem Amateur doch noch der Stift gegangen. Der Unterschied zum Partiezug wird sogleich deutlich.

27...Ld3!-+ Ein sehr schöner Zug, der deshalb so wirkungsvoll ist, weil Weiß kein Schach auf c8 hat! Nun ist Weiß endgültig verloren. 28.De3

28.Dxd3 Ta1+ 29.Kc2 Txe1-+

28...a4

Hübsch ist auch 28...Tc2+ 29.Kd1 Tc3!-+.

29.e5 a3 30.Dxd3 Ta1+ 31.Kc2 Txe1 32.exd6 a2 33.d7 Db8 Weiß gab auf. 0–1

Die Weltmeister-Simultans fanden in den Goldsälen des Mainzer Hilton Hotels statt

Alle Mann am Platz, nun fehlt nur noch der amtierende Weltmeister

Nach einigen einführenden Worten...

...legte Anand los. Den ersten Zug führte er am Brett von
Bernd Grill aus, welcher ihn in der Folge besiegen sollte

Der Weltmeister in Aktion

Nur selten kommt man als Amateur dem Champion so nah

Leo Max Deppe ist einer der ersten Schüler des
Chess Tigers Training Center und durfte daher auch an Brett 1 spielen

Ein weiterer Schüler von Chess Tigers Trainer Dr. IM Erik Zude ist
Jan-Christian Schröder. Er bot Anand einen harten Kampf in einer
langen Spanisch-Variante und holte hoch verdient ein Remis

Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk ließ auch gegen den
Webmaster der Chess Tigers Börries Wendling die Puppen tanzen

Gespannt schaut Kosteniuk, was sich der Mainzer OB überlegt hat. Später bot sie
ihm die Punktteilung an, doch Jens Beutel überhörte die Offerte und ... verlor.

Schön und gefährlich ist eine Mischung, die Männer lieben

Vor der Partie gegen die Chess960-Weltmeisterin machte
Prof. Dr. Eckhard Freise noch einen optimistischen Eindruck...

... das sollte sich jedoch bald ändern


Am Rande bemerkt…

FM Hartmut Metz eilte zwischen
Brett und Laptop hin und her

…in diesem Jahr war das Pressezentrum der Chess Classic ziemlich ruhig. Es waren scheinbar weniger Vertreter der schreibenden Zunft anwesend, um über den größten Schnellschach-Event der Welt in die Tasten ihrer Laptops zu hauen, wie in den Vorjahren. Was war los? Hatte die gnadenlose Presse die in diesem Jahr abgespeckte Version der Chess Classic abgeschrieben? Das Gegenteil war der Fall, denn die liebe Journaille tummelte sich mitten in der Masse, welche die vielleicht einmalige Gelegenheit nutzte, an einer offenen Weltmeisterschaft teilzunehmen. Dieses Mal wollten sie nicht nur berichten, dieses Mal wollten sie alle selber spielen, selber auf Großmeister der absoluten Weltklasse treffen. Das führte in der dritten Runde zu einer kuriosen Situation. Hartmut Metz, seines Zeichens ein bekannter Schachjournalist und Fidemeister, war im Gegensatz zu seinem Gegner GM Pavel Tregubov pünktlich zum Beginn der Partie am Brett und wählte kurzerhand die weißen Steine, indem er seinen ersten Zug ausführte und die Uhr in Gang setzte. Das war soweit auch in Ordnung, hätte der herbeieilende Tregubov nicht einen berechtigten Einspruch bezüglich der Farbwahl gehabt. Tatsächlich hatte sich Metz unerlaubt der weißen Figuren bemächtigt, die Auslosung hatte für ihn die schwarzen vorgesehen. Nun hätte man einfach die Uhr stoppen, den Platz wechseln und nochmals neu beginnen können, doch Tregubov bestand wohl auf die Anwesenheit eines Schiedsrichters, um diese vertrackte Situation klären zu können. Ganz Journalist nutzte Metz die Gunst des Augenblicks und überließ seinem Gegner die weitere Arbeit, indem er seine stets neben dem Brett liegende Kamera schnappte und rasch ein paar Bilder von anderen Begegnungen schoss, bis das Brett von berufener Hand wieder für den Neustart präpariert war. Genutzt hat ihm das kleine Scharmützel indes wenig, die Partie verlor Metz dennoch.

Unter dem Strich wurden in diesem Jahr in Mainz nicht weniger als 63 Einzelpreise vergeben. Die Frauen-Wertung beispielsweise ging mit Anna Zatonskih übrigens auch nach Amerika, wo sich mittlerweile verdächtig viele Chess Classic-Titel befinden. Hikaru Nakamura ist Chess960-Weltmeister und die Chess960 Computer-Weltmeisterin Rybka spielt ebenfalls unter amerikanischer Flagge. Wie es aussieht, sind die Amis die neuen Russen des Schnellschachs. Den Titel bei den Senioren sicherte sich mal nicht Vlastimil Hort und auch nicht Weltmeister Miso Cebalo, sondern IM Anatoly Donchenko aus dem benachbarten Hessen. Bester Jugendspieler unter 20 Jahren wäre eigentlich Sergey Karjakin, aber da dieser mit dem fünften Rang einen Hauptpreis gewann, erbte David Howell dessen Position. Bester Junior unter 14 Jahren wurde Alexander Donchenko, den wir bereits für seinen eroberten IM-Skalp in der zweiten Runde ausgiebig gelobt haben. Sie liegen übrigens richtig, wenn Sie zwischen dem Senioren- und dem U14-Sieger ein verwandtschaftliches Verhältnis vermuten. Vater Anatoly und Sohn Alex machen regelmäßig die deutschen Open unsicher.

Anna Zatonskih - übrigens die Lebensgefährtin von Daniel Fridman - war mit 8,5 Punkten die beste Frau in Mainz

Die fünf besten Senioren (von links): FM Eduard Bakhmatov, IM Anatoly Donchenko,
GM Miso Cebalo, GM Vlastimil Hort und IM Klaus Klundt

"Haha, ich bin ganz klar vor Dir gelandet, Vlasti!"
"Weißt Du, Miso, 1,5 Buchholzpunktäää sind nicht so klarrr! Machen wir Stechäään?"

Die besten Jugendspieler U20 (von links): GM David Howell, GM David Berczes,
IM Andreas Heimann, FM Hagen Pötsch und GM Peter Prohaszka

Die besten Jugendspieler U14 (von links): Alexander Donchenko, Lars Rindlisbacher, Christopher Noe, Jan-Christian Schröder und Lev Yankelevich

Das Besondere der Chess Classic besteht, wie man annehmen möchte, schon lange nicht mehr in der reibungslosen Bewältigung der Masse an Schachspielern. Beständig hat der erfahrene Turnierleiter Hans-Dieter Post an einem einmaligen Programm und System gefeilt, welches sowohl die digitale Anzeige der Paarungen, als auch die elektronische Erfassung der Ergebnisse per Computer erlaubt. Man findet seinen Tisch nebst Gegner und Farbe also auf Monitoren und meldet man nach der Partie das Resultat, kann man umgehend auf dem gleichen Bildschirm sehen, ob es korrekt eingegeben wurde. So sinkt die Fehlerquote quasi gen Null, denn zugleich sind die Rechner der Ergebnismeldung mit dem Computer des Turnierleiters vernetzt. Dieser muss die Ergebnisse nicht mehr händisch eingeben, was nicht nur viel Zeit verschlingt und eine weitere mögliche Fehlerquelle darstellt, sondern kann warten, bis alle Begegnungen beendet und erfasst sind und dann die Auslosung der nächsten Runde vornehmen. Es werden keine endlosen Seiten mit Paarungen, Ergebnissen und Tabellen ausgedruckt und dann damit Wände und Türen tapeziert. Vorbei die Zeiten, in denen der arme Mensch, der die aktuellen Listen aufhängen musste, fast erdrückt wurde, weil er dabei zwischen die Wand und die herbeiströmenden Massen geriet. Kein Wunder, dass mehr und mehr Veranstalter Interesse an diesem System bekunden, welches für Turniere jeder Größenordnung anwendbar ist.

Für Hans-Dieter Post und seine "Open-Maschine" ist selbst die Chess Classic ein Klacks

Keine Zettel mehr an den Wänden, sondern moderne
Monitore zeigen die aktuelle Auslosung an

Kein unnötiges Gedränge mehr, entspannt wartet
man, bis die jeweilige Paarung angezeigt wird

Der einzigartige Charme der Mainzer Veranstaltung besteht in der Symbiose vieler kleinerer und größerer Details, die Veranstalter Schmitt in 17 Jahren Chess Classic und unzählbaren Besuchen anderer Turniere gesammelt hat. Details, die nicht vorwiegend den Profispielern dienen, sondern auch dem regelmäßigem Turnierspieler, dem Gelegenheitsspieler, dem Anfänger und sogar dem regelunkundigen aber interessierten Nicht-Schachspieler, der nur zugucken möchte. Angefangen beim Spielmaterial mit DGT-Uhren an sämtlichen gut 350 Brettern und bis Tisch 164 sogar mit hochwertigen Holzbrettern, bot die diesjährige Schnellschach-WM auch wieder die beliebte Bewertungsanzeige zu den Spitzenpartien. Die ersten zehn Bretter wurden live ins Internet übertragen und die ersten beiden konnte man vor Ort sowohl auf der großen Leinwand direkt über der Bühne als auch im Foyer auf Bildschirmen verfolgen. Deep Rybka und Deep Fritz lieferten auf separaten Monitoren ihre Meinung zu der jeweiligen Stellung und halfen so den Amateuren, sie besser bewerten zu können. Und für alle, die noch lieber einem fachkundigen Experten lauschen, der ihnen erklärt, was die Spitzenspieler gerade anstellen, kommentierte GM Klaus Bischoff in unmittelbarer Nähe zum Spielsaal das Geschehen.

Flankiert von Rybka und Fritz führte GM Klaus Bischoff...

...die Zuschauer durch die Spitzenpaarungen

Hier erläutert er zum Abschluss die Begegnung Grischuk versus Kamsky

Auf dem mittleren Monitor konnte man zudem die Spieler auf der Bühne sehen

In unmittelbarer Nahe gab es ausgezeichneten Speis und Trank vom Hilton

Überhaupt war das Rheinfoyer wieder DER Treffpunkt der Classic...

...mit dem Stand von Schach Niggemann...

...und natürlich dem Chess Classic Shop

Kinder Club live

Regen Anklang fand auch wieder der Kinder Club in welchen Eltern ihren (noch) nicht Schach spielenden Nachwuchs in erfahrene Hände geben konnten. Neben zahlreichen Spielsachen, Gesellschaftsspielen und sportlichem Gerät stand natürlich auch ein Laptop mit sämtlichen Fritz&Fertig-Versionen zur Verfügung. Immerhin befindet man beziehungsweise Kind sich auf einem Schachturnier! Die Chess Classic Mainz ist nicht, wie in der Vergangenheit ab und an geschrieben wurde, eine One Man Show oder die „Schmitt Show“. Hinter der gesamten Veranstaltung steht ein starkes Team mit größtenteils ehrenamtlichen Helfern, die sich in jedem Jahr die Zeit für ihr Turnier freihalten. Jeder ist auf seinem Gebiet ein Experte, was Schmitt zu der stolzen Feststellung animierte, dass er sicher sei, mit dieser Mannschaft beispielsweise auch eine Weltmeisterschaft im „langsamen“ Schach organisieren zu können. Die Stadt Mainz mit ihrem schachbegeisterten Oberbürgermeister Jens Beutel ist laut dem Bad Sodener der perfekte Standort für Schachturniere der Weltklasse. Und das Stadtoberhaupt selbst gibt sich optimistisch, dass sich die wirtschaftliche Lage von Mainz weiter verbessert und 2011 wieder eine üppigere Chess Classic stattfinden kann.

Auf eine gelungene Chess Classic Mainz 2010 und hoffentlich auch 2011

Bilder: Mike Rosa - Chess Tigers

Mike Rosa

Published by Mike Rosa

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