Chess Classic Auftakt der Chess960 Rapid World Championship: Tactics Rule
28.07.2009 - Auf die Taktik kommt es an. Wegen der zufälligen Aufstellung der Figuren müsse man im Chess960 einfach alles sehen, hatte Viktor Bologan bei der Pressekonferenz erklärt und auch Levon Aronian hatte in Interviews betont, wie wichtig die Taktik im Chess960 ist. Die ersten drei Runden der Chess960 Rapid World Championship gaben ihnen Recht. Immer wieder ergaben sich ungewöhnliche taktischen Konstellationen – und es war Levon Aronian, der damit am besten zurecht kam.
Das bewies er gleich in
der Auftaktrunde gegen Hikaru Nakamura. Schon in der Eröffnung
gab er seine Dame gegen zwei Türme und brachte seine Figuren
danach mit scheinbarer Mühelosigkeit auf starke Felder.
Nakamura geriet unter Druck und musste eine Qualität geben,
doch dann nutzte Aronian sein materielles Übergewicht, um den
weißen König elegant Matt zu setzen.
Auch die Partie zwischen Sergei Movsesian und Viktor Bologan war von
Beginn taktisch geprägt. Taktische Tricks sicherten Bologan
Vorteil, ein taktischer Trick erlaubte es Movsesian sich zu befreien.
Doch ganz verschwunden war der schwarze Druck nie und nach einer
Ungenauigkeit des Weißen sicherte sich Bologan eine
Gewinnstellung, die er bald in einen ganzen Punkt verwandelte.
Diesem verheißungsvollen Auftakt folgte jedoch schnell die
Ernüchterung. In der zweiten Runde fiel Bologan nach einem
Rechenfehler einem brutalen Mattangriff Aronians zum Opfer.
Stellung nach 15...Lg7
Levon Aronian gegen Victor Bologan
Es folgte 16.Txa7 Txa7 17.Sb5 cxb5 18.Dxa7+ Kc8 19.Sxe5 fxe5 20.Lb6 De7
21.Da8+ Kd7 22.Lxd8 und Schwarz gab auf.
Damit hatte Aronian mit 2 aus 2 seine Favoritenrolle
bestätigt. Im Gegensatz zu Geheimfavorit Hikaru Nakamura. Nach
der Auftaktniederlage des Amerikaners gegen Aronian liefen die Dinge
auch gegen Movsesian anders als erhofft. Er spielte mit Weiß,
übte gleich in der Eröffnung Druck aus und ging einer
Zugwiederholung aus dem Wege, nur um dann den Faden und später
die Partie zu verlieren. „Nach 10 Zügen stand ich
fast auf Gewinn, aber wurde dann unvorsichtig“, meinte
Nakamura in der Pressekonferenz.
Doch in der dritten Runde fing er sich und kam mit Schwarz gegen
Bologan zu seinem ersten Sieg. Bologan und Nakamura nahmen sich
gegenseitig die Bauern weg, doch da Nakamura einen Bauern mehr
ergattern konnte, hatte er deutliche Endspielvorteile, die sich
schließlich auch bezahlt machten.
Bei Movsesian und Aronian ging es von Anfang an scharf zu. Beide
wollten sich die Initiative sichern und scheuten dabei vor
Materialopfern nicht zurück. Und sah es zunächst so
aus, als ob Movsesian mit Weiß das Tempo diktierte, wendete
sich das Blatt, als Aronian zu einem starken Konter kam.
Stellung nach 13.d5
Sergei Movsesian gegen Levon Aronian
Plötzlich war die weiße Stellung kritisch und
Movsesians Suche nach Gegenchancen beschleunigte nur seinen Untergang.
Es folgte: 13...e3 14.Ld1 exf2+ 15.Kxf2 gxh6 16.S1e2 Sg4+ 17.Kg1 Lg5
18.La4+ Ke7 19.Dc2 Le3+ 20.Kf1 Lf4 21.Sf5+ exf5 22.Th3 Le5 23.Sc3 Kf6
24.Dd3 Tg5 25.d6 Kg7 26.d7 Sxd7 27.Lxd7 Ld4 28.Ke2 Sf2 0–1
Damit ergibt sich nach dem ersten Tag eine kuriose Tabellensituation: 3
Spieler teilen sich mit 1 aus 3 die Plätze 2 bis 4 und werden
morgen erbittert um den Einzug ins Finale kämpfen. Aronian
hingegen führt mit 3 aus 3 souverän die Tabelle an
und ist mehr denn je Favorit, seinen Weltmeistertitel erfolgreich zu
verteidigen. „Alle Partien waren hart umkämpft und
schwer“, erklärte Aronian auf der Pressekonferenz.
Nach außen wirkte sein Schach jedoch spielerisch leicht. Oft
ein Zeichen wirklich großen Könnens.