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Chess Classic
Grischuk, die Dritte
31.07.2009 - In der dramatischen Finalrunde des FiNet Opens schob sich Alexander Grischuk noch an dem lange Zeit führenden Gata Kamsky vorbei. Dem ehemaligen russische Blitzweltmeister, der als einziger 9,5 Punkte erzielte, gelang ein einmaliges Kunststück: Er hält nun mit drei Open-Titeln den Rekord bei den Chess Classic. Schon 2003 und 2004 entschied er das ORDIX Open zweimal für sich, nun fügte der schachliche Allrounder den Chess960 Titel hinzu.

Damit verhinderte der Russe den Gesamterfolg der Amerikaner in dieser Spielart, zu deren Popularisierung die Chess Classic nachhaltig beigetragen haben. Gestern wechselte der Chess960 Titel an Nakamura, heute siegte das Programm Rybka des Amerikaners Rajlich bei der Livingston Chess960 Computer WM. Ein weiterer Erfolg hätte Bobby Fischer, dem Erfinder des Chess960, vielleicht ein Lächeln im Himmel entlockt.
Grischuk war trotz seines Erfolges mit der Qualität seines Spiels unzufrieden. Dreimal habe er auf Verlust gestanden. Er hatte das Glück und die Zähigkeit, die man braucht, um dieses starke Open zu gewinnen. Seine Aufgabe ist jedoch noch nicht getan. „Mein Ziel ist es, beide Open im selben Jahr zu gewinnen“, sagt der exzentrische Russe. Und wer ihn schon einmal im Schnellschach beobachtet hat, wird einräumen, dass dies kein ganz aussichtsloses Unternehmen ist.

Schmitt-Kunath-Grischuk-Kamsky
Siegerehrung FiNet Open (v.l.); Organisator Hans Walter Schmitt,
FiNet Geschäftsführer Peter Kunath, Gewinner Alexander Grischuk
und der Zweitplatzierte Gata Kamsky

Die USA dominiert Chess960: Rybka Programmierer Vasik Rajlich und Ches960 Schnellschach Weltmeister Hikaru Nakamura
Die USA dominiert Chess960: Rybka Programmierer Vasik Rajlich
und Chess960 Schnellschach Weltmeister Hikaru Nakamura

Kamsky, dem mit 9 Punkten nur der 2. Platz blieb, war dagegen sehr niedergeschlagen. Wenn man so lange souverän führt und am Ende seine einzige Partie verliert, ist das bitter. Ein Remis hätte ihm zum Gesamtsieg gereicht. Doch sein Gegner, Ex-Weltmeister und Sieger des ORDIX Opens 2006 Rustam Kasimdzhanov, ließ keinen Zweifel an seinen Ambitionen aufkommen, selbst noch um den Turniersieg mitzuspielen. Dank seines verdienten Sieges erreichte er den dritten Platz, punktgleich mit Kamsky, aber mit der schlechteren Buchholz-Wertung.

Die größte deutsche Überraschung war Rainer Buhmann. Er spielte ein riesiges Turnier. Am zweiten Tag hatte er einen Eloschnitt von über 2700 und holte beachtliche 4/6. Ein Sieg in der letzten Runde hätte ihn gar auf den geteilten 1. Platz gehievt. Was bei einer Schlussbegegnung gegen Grischuk wie ein kühner Traum klingt, wäre um ein Haar Realität geworden. Der Badener, der erst kürzlich die 2600 knackte, überspielte seinen Kontrahenten und hatte schon einen Bauern mehr. Seine klare Gewinnstellung verdarb er erst in der von Zeitnot geprägten Schlussphase. Trotz dieser phantastischen Leistung des Solinger Bundesligaspielers, war seine Enttäuschung sehr groß. „Eine solche Gelegenheit kommt vielleicht nie wieder“, sagte er. Am Ende reichte es immerhin noch für den symbolträchtigen 13. Platz, der sein Pech irgendwie widerspiegelte.
Zwei weitere Deutsche landeten sogar noch weiter vorne: Arkadi Naiditsch und Georg Meier erreichten mit 8,5 Punkten den geteilten 4. Platz. Beste Frau des Turniers war Kateryna Lahno, die mit 8 Punkten einen halben Zähler vor Gaponenko und Sebag lag. Und die Senioren-Wertung gewann Rigo vor Hort und Klundt.

Damit fand die 8. Auflage des FiNet Opens ihren würdigen Abschluss. Neben spannender Unterhaltung stehen 263 Teilnehmer, 106 Titelträger, und die bislang stärkste Besetzung zu Buche. Die ersten zehn der Rangliste hatten einen Schnitt von 2718, der Eloschnitt des gesamten Turniers lag bei 2170 – Zahlen, die sich sehen lassen können.

KunathSchmitt
FiNet Geschäftsführer Peter Kunath mit Organisator Hans-Walter Schmitt

Bei der Preisverleihung wies der Geschäftsführer von FiNet, Peter Kunath, auf die Schwierigkeiten hin, Sponsoring in Zeiten der Weltwirtschaftskrise zu betreiben. Um innerhalb seiner Firma mehr Rückendeckung für sein finanzielles Engagement zu bekommen, forderte er die Zuschauer auf, Emails an das Marburger Unternehmen zu schicken. „Schildern Sie, was Ihnen an diesem Turnier gefällt, damit auch im nächsten Jahr das FiNet gesichert ist“, sagte Kunath.

Das FiNet wie auch das morgen beginnende Ordix Open ist auch ein Großereignis für Amateure. Sie stehen nicht so sehr im Fokus der Medien, doch ein Erlebnis ist es für sie gewiss. Einmal gegen einen Titelträger zu spielen, oder einfach „nur“ in seiner Leistungsklasse einen vorderen Rang zu erreichen, ist das Ziel der vielen, die meist in unserer Berichterstattung unerwähnt bleiben. Dabei sind zahlreiche Preise in diversen Rating-Kategorien ein Anreiz, den man bei anderen Veranstaltungen vergeblich sucht. Viele kleine Geschichten gibt es auch im hinteren Teil des Spielsaales zu entdecken, wie die des ältesten Teilnehmers Oswald Smits. Der 85-Jährige begann erst vor 10 Jahren wieder mit dem Schach, nachdem er 50 Jahre keine Zeit mehr dazu hatte. Heutzutage spielt er ein dutzend Turniere im Jahr und seine Wertungszahl hat sich seither um 300 Punkte verbessert. Auch Chess960 schreckt den rüstigen Mann nicht, wie seine Teilnahme am FiNet beweist. Er erreichte 2,5 Punkte, aber auf das Gewinnen kommt es ihm nicht vorrangig an. Er kann sich auch an einer schönen Kombination erfreuen – auch wenn sie vom Gegner gespielt wird. Er will im nächsten Jahr wiederkommen.

Der älteste Teilnehmer Oswald Smits 85
85 und kein bisschen (schach) müde: Oswald Smits

Mit dem Ende des FiNet Open ging auch die Zeit des Chess960 FiNet zu Ende. Jetzt steht bei den Chess Classic das Schnellschach im Mittelpunkt. Heute Abend beginnen die GRENKELEASING Rapid World Championship, morgen startet das ORDIX Open, zu dem über 700 Teilnehmer erwartet werden.

Partien FiNet Open


Grischuk
Der Gewinner des diesjährigen FiNet Open: Alexander Grischuk

Kamsky - Naiditsch
Lässt sich nicht beeindrucken: Ein zuversichlicher Gata Kamsky (links)
gegen einen grimmigen Arkadij Naiditsch

Der König fällt: Gabriel Sargissian verliert auf Zeit gegen Rainer Buhmann
Der König fällt: Gabriel Sargissian (links) verliert auf Zeit gegen Rainer Buhmann

Harry Schaack

Published by Stefan Späth

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