Chess Classic Nakamura gewinnt 7. FiNet Open in dramatischem Finale Bericht und Interview mit dem Sieger
02.08.2008 - Das 7. FiNet Open endete mit einem Triumph von Hikaru Nakamura. Der Amerikaner, der sich über das ICC-Qualifikationsturnier für Mainz eine Einladung gesichert hatte, dominierte das Feld von Beginn an. Zwei Runden vor Schluss sah er schon wie der sichere Sieger aus, strauchelte jedoch gegen Arkadi Naiditsch, der mit seinem Sieg zu Nakamura aufschloss. Als der Amerikaner in der letzten Runde nicht über ein Remis hinauskam, glaubte jeder, der Deutsche werde das Turnier seinerseits gewinnen, hatte er doch schon eine Dame mehr. In hochgradiger Zeitnot lief er jedoch in ein dreizügiges Matt gegen Motylev. Neben Nakamura erreichten auch noch Sergei Movsesian und Alexander Motylev 9 Punkte, hatten aber die schlechtere Wertung.
Der zweite Tag des 7. FiNet Chess960 Opens war zunächst vom souveränen Auftreten Hikaru Nakamuras geprägt. Zwar endete die erste Partie des Tages zwischen ihm und Ex-Fide-Weltmeister Rustam Kasimdzhanov, der als Schnellschachspezialist gilt und ebenfalls im Vorfeld zum engeren Favoritenkreis zählte, mit einem umkämpften Unentschieden. Doch danach reihte sich Sieg an Sieg, während immer mehr seiner Verfolger strauchelten. Auch Kasimdzhanov, am ersten Tag noch verlustpunktfrei, verlor nach einem Remis und einer Niederlage den Anschluss.
Im direkten Duell siegte Naiditsch gegen Nakamura, doch dann stellte sich der Deutsche selbst ein Bein ...
Motylev - Naiditsch nach 44...Sxb4?? Diese Stellung kostete Naiditsch ziemlich genau € 2.500! Nach 45.Tc8+ nebst baldigem Matt war auch die weiße Mehr-Dame wertlos.
Ausschlaggebend für Nakamuras Turniersieg war sein Erfolg in der 9. Runde gegen den Elostärksten im Feld, Sergei Movsesian, den er in einer komplizierten Partie in einem ungleichen Läuferendspiel niederrang. Mit einem ganzen Punkt Vorsprung glaubten viele der Zuschauer schon an einen vorzeitigen Erfolg. Nur Fressinet und Naiditsch konnten mit 7,5 Punkten noch einigermaßen Schritt halten. Im direkten Duell mit Letzterem sah alles schon nach einer friedlichen Punkteteilung aus, doch Nakamura überzog die Stellung. Ganz plötzlich war Arkadi Naiditsch punktgleich erster. Der Dortmunder hatte alle Chancen, als Nakamura in der letzten Runde nicht über ein Unentschieden hinauskam.
Der Schlussakkord war dramatisch. Der Amerikaner ließ bereits alle Hoffnung fahren, als er im Foyer der Rheingoldhalle auf der riesigen Leinwand mitansehen musste, wie Naiditschs Gegner einzügig die Dame einstellte. Doch in hochgradiger Zeitnot gab Arkadi das Kompliment postwendend zurück und ließ sich von Motylev dreizügig Matt setzen. Es dauerte noch einige Zeit, bis klar war, dass Hikaru Nakamura die beste Wertung hatte vor den punktgleichen Sergei Movsesian und dem glücklichen Alexander Motylev.
Nakamura gewann ein stattliches Preisgeld von 3150 Euro und hat nun die Gelegenheit, als erster beide Open der Chess Classic zu gewinnen.
Die Frauenwertung gewann übrigens Natalia Zhukova, die bei der FiNet Chess960 Female WM in der ersten Hälfte der Chess Classic so unglücklich agierte. Damit hat sie sich umgehend für die nächste Ches960 WM qualifiziert. Und die U14 Wertung entschied Sebastian Kaphle, der damit unter Beweis stellte, dass sein Sieg im Mini-FiNet vom Mittwoch kein Zufall war.
Hikaru Nikamura hat sich nicht nur einen Namen als bester Spieler über die ganz kurze 1 Minuten Distanz, dem sogenannten Bullet gemacht, sondern ist auch für sein extravagantes Spiel bekannt. Zugfolgen wie 1.e4 e5 2.Dh5 hat er mehrfach gegen starke Kontrahenten gespielt. Vielleicht fällt es dem Amerikaner deshalb so leicht, Chess960 zu spielen, wo ungewöhnliche Stellungslösungen gefordert sind. Im Interview sprach er mit Harry Schaack über seinen Sieg im 7. FiNet Chess960 Open der Chess Classic.
Hikaru Nakamura - verdienter Turniersieger mit mächtigem Dusel
Gratulation zu Ihrem Sieg - und das bei ihrem ersten Auftritt in Deutschland.
Ja. Es gefällt mir gut hier. Aber ich werde im November zur Schacholympiade wieder kommen, wo ich für die USA spielen werde.
Wann haben Sie das erste Mal Chess960 gespielt?
Vor drei Jahren spielte ich ein gutes Chess960-Blitzturnier in den USA. Danach habe ich es noch einige Male versucht, auch im ICC, aber nicht so oft. Chess960 macht Spaß, aber wenn man es einigermaßen gut spielen will, braucht man mehr Zeit als drei Minuten pro Partie, die im Internet üblich sind.
Was ist wichtig beim Chess960?
Beim Chess960 ist es wichtiger, offene Positionen zu erreichen als um das Zentrum zu kämpfen. Systematische Züge wie im Normalschach wie d4 d5 können hier nicht die besten sein. Aber das Spiel ist noch jung und muss sich erst entwickeln. Entscheidend ist auch, die erste taktische Wendung zu finden.
Sie zählen zu den besten Schnellschachspielern der Welt. Hat diese Fähigkeit hier auch den Ausschlag für den Turniersieg gegeben? Es spielt natürlich eine größere Rolle als beim klassischen Schach. In den ersten Runden erhielt ich meist gute Stellungen, da spielte die Zeit eine untergeordnete Rolle. Aber gegen Kasimdzhanov in Runde 6 war es sehr hilfreich, weil ich schlechter stand und er nicht genug Zeit hatte, den Gewinn zu realisieren.
Sie haben das FiNet Open von Beginn an dominiert. Doch dann überzogen Sie eine Stellung gegen Naiditsch …
Gegen Naiditsch habe nicht unter allen Umständen auf Gewinn gespielt. Es hing eher damit zusammen, dass ich müde war. Die Stellung im Turmendspiel war ausgeglichen, doch ich stellte einen Bauern ein. Das kann passieren, aber es war nur in einer Partie. Es ist nicht verwunderlich, dass man müde wird, denn man muss schon sehr viel in der Eröffnung überlegen und kann nicht wie im klassischen Schach auf Theoriekenntnisse bis in den zwanzigsten Zug zurückgreifen. Im Chess960 muss man von Beginn an nach ungewöhnlichen Motiven suchen. Das kostet eine Menge Energie.
Können Sie etwas zur Partie gegen Movsesian sagen, die Ihnen ja letzten Endes den Turniersieg bescherte, da Sie am Ende die bessere Wertung hatten?
Das war eine seltsame Partie. Ich hatte lange Zeit einen schlechten weißfeldrigen Läufer auf c2. Doch dann tauschte er zu viele Figuren und ich konnte die weißen Felder kontrollieren. Aber er ließ einige Chancen aus.
Wie haben Sie Ihre Chancen eingeschätzt, das FiNet Open zu gewinnen?
Im Chess960 war ich mir nicht sicher. Das ist schwer einzuschätzen. Aber im Schnellschach habe ich große Erwartungen an mich, auch wenn es nicht leicht wird. Man muss auch sehen, wie schnell es gelingt, von Chess960 auf das Normalschach umzuschalten.