Chess Classic Alexandra Kosteniuk verteidigt Chess960 Weltmeistertitel Update
31.07.2008 - Das Finale der 2. FiNet Chess960 Women's World Championship bestritten die Chess960-Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk und der ukrainische Jungstar Kateryna Lahno. Nach vier Partien dominierte die alte und neue Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk nach spannendem Kampf mit 2,5-1,5.
Beide Finalistinnen überzeugten im Turnier und gaben gegen ihre beiden Kontrahentinnen in der Gruppenphase nur einen halben Punkt ab. Allerdings unterlag Lahno in den ersten beiden Partien in der direkten Auseinandersetzung. Es schien zunächst so, dass die Weltmeisterin auch weiterhin das Heft in der Hand behalten würde. Die erste Partie war äußerst taktisch und verwickelt. Es blieb lange Zeit unklar, ob Kosteniuks d6-Freibauer gut oder schwach ist. Die spannende Partie endete schließlich mit der Realisation des Freibauern. Lahno musste in diesem Turnier zum dritten Mal hintereinander gegen die Russin die Waffen strecken.
Zweifache Chess960 Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk
In der zweiten Partie konnte man sehr gut die unterschiedlichen Qualitäten beider Spielerinnen erkennen. Kosteniuk hat ein sehr gutes Gefühl für die Harmonisierung ihrer Figuren, Lahno verfügt über ausgezeichnete taktische Fähigkeiten, die sie im Verlaufe des Turniers schon einige Male demonstrieren konnte. In der zweiten Partie gelang der talentierten 18-Jährigen endlich ihr erster Sieg gegen die Weltmeisterin. Zwar stand sie lange Zeit in der Defensive. Doch als Kosteniuk den Sack nicht zu machte, setzte sie zu einem entscheidenden Mattangriff an.
Kateryna Lahno
Kosteniuk ließ sich jedoch nicht beeindrucken und übernahm auch in Partie 3 die Initiative. Es sah zunächst aus, als würde Lahno dem Angriff der Russin nicht standhalten können. Doch abermals leistete die Ukrainerin widerstand und rettete die Partei durch eine Abwicklung in ein vollkommen ausgeglichenes Turmendspiel.
So musste die letzte Partie die Entscheidung herbeiführen. Die Titelverteidigerin fand diesmal mit den weißen Steinen nicht die beste Aufstellung und Lahno erreichte schnell eine überlegene Stellung, die das Schachprogramm „Spike“ auf den Monitoren für die Zuschauer mit Plus 2,5 für Schwarz bewertete. Doch just in dieser wichtigen Partie versagte Lahnos taktisches Sehvermögen und vielleicht auch die Nerven. Nach einer Abwicklung verlor sie eine Figur und musste schnell aufgeben.
GM Klaus Bischoff bei der Analyse für die Zuschauer im Gourmet Club
Alexandra Kosteniuk hat sich diesen Sieg mühsam erkämpft, aber auch redlich verdient. Mit der Russin hat die dominierende Spielerin des Turniers gewonnen.
Im zweiten Match um Platz drei zwischen Viktorija Cmilyte und Natalia Zhukova gab es eine vorzeitige Entscheidung. Beide wählten eine etwas ungewöhnliche Vorbereitung auf die Abendveranstaltung, als sie sich entschlossen, im FiNet Open mitzuspielen, um sich für die nächste Chess960-WM zu qualifizieren. Als Cmilyte von dem Vorhaben Zhukovas erfuhr, entschloss sie sich spontan ebenfalls mitzuspielen, um am Abend keinen Vorteil zu haben. Übrigens tat Zhukovas Gatte Alexander Grishuk vor einigen Jahren das gleiche, als er in seinem Match gegen Anand schon nach dem ersten Tag hoffnungslos zurücklag. Im FiNet jedenfalls führt Zhukova die Frauenwertung im Moment mit 3,5 Punkten an.
Viktorija Cmylite
Das Match war jedoch eine Fortsetzung der Misere von Zhukovas Spiel. In der ersten Partie baute sie sich mit Schwarz einfach schlecht auf und erhielt direkt aus der Eröffnung eine deutlich schlechtere Stellung. Doch Cmilyte agierte zu zaghaft am Damenflügel und Zhukova konnte durch einen Durchbruch im Zentrum ihre Stellung befreien. Danach opferte Cmilyte eine Figur für drei Bauern mit sehr unübersichtlichen Konsequenzen. Doch die Ukrainerin versäumte es mehrfach, die Partie für sich zu entscheiden. Und am Ende kippte auch diese Partie zuungunsten Zhukovas, die eine Pechsträhne der besonderen Art zu haben schien.
Natalia Zhukova
In der zweiten Partie gelang es Cmilyte durch ein vorübergehendes Bauernopfer die Initiative zu übernehmen. Doch plötzlich war das aussichtsreiche Springerendspiel für sie verloren. Im letzten Moment gelang es ihr jedoch, die gewinnbringenden Bauern vom Brett zu nehmen, sodass das Remis unvermeidlich war.
Die dritte Partie gab Zhukova sehr früh auf. Doch nach den Misserfolgen zuvor wollte sie sich nicht noch mit dem Turm gegen zwei Figuren und Bauern erfolglos abmühen. Damit hatte Cmilyte 2,5-0,5 das Match gewonnen. Die bedeutungslos gewordene vierte Partie endet mit Remis. Natalia Zhukova wird dieses Turnier so schnell wie möglich vergessen wollen. Für Viktorija Cmilyte war es noch einmal ein versöhnlicher Abschluss.
In der Pressekonferenz wiesen beide auf ihre Erschöpfung hin. Doch selbst Zhukova war nicht so zerknirscht, wie man das vielleicht hätte erwarten können. Spätestens beim gemeinsamen Essen im Gourmet Club war die Harmonie zwischen den Kontrahentinnen wieder hergestellt, die eng befreundet sind.