Chess Classic Titelverteidiger gleichen aus Swidler schlägt Aronjan zweimal / Anands Vorbereitung greift
19.08.2006 - Bei den Chess Classic Mainz haben die Titelverteidiger zurückgeschlagen. Viswanathan Anand glich in der dritten Partie gegen Herausforderer Teimour Radjabow die Bilanz aus. Anschließend folgte in der GrenkeLeasing Schnellschach-WM ein Remis zum 2:2. Der 19-Jährige aus der Mainzer Partnerstadt Baku lief bei seiner Niederlage in eine vorbereitete Variante des Inders, der die Züge herunterspulte. Radjabows König stand nach 36 Zügen vor dem Matt.
Viswanathan Anand
Anand geht nun zuversichtlich in die
Partien fünf bis acht in der Rheingoldhalle (Samstag und Sonntag,
jeweils ab 18.30 und 20 Uhr).
In der Chess960-WM egalisierte Peter Swidler
sogar einen 0:2-Rückstand. Der Russe gewann die dritte wie vierte
Begegnung gegen Levon Aronjan (Armenien). Der Sieger des Duells um die
Clerical Medical Chess960-WM trifft im nächsten Jahr auf Etienne Bacrot.
Der Franzose setzte sich gestern im FiNet Chess960 Open ungeschlagen mit
9,5:1,5 Punkten vor 248 Konkurrenten durch.
Anand hielt sich erwartungsgemäß bedeckt,
was genaue Auskünfte zur dritten Partie anlangte. Sicher hätte der „Tiger
von Madras“ nichts dagegen, wenn sein Widersacher die scharfe Variante
erneut wagen würde. Auch wenn Radjabow das „kämpferische Schach, das wir
auch heute wieder gezeigt haben“, gefiel, wird der Jüngling sicher nicht
auf einen weiteren Pfeil aus dem Semi-Slawisch-Köcher des
Schnellschach-Königs warten. Immerhin erläuterte der 35-Jährige, dass
Schwarz im 17. Zug für die „geopferte Qualität gutes Spiel bekommt“.
Kommentator und GM: Fabian Döttling
Kommentator Fabian Döttling hielt den weißen
Bauernfraß auf e6 für tödlich. „Danach hat Vishy bis auf 28…b4, als c3
noch stärker war, perfekt gespielt“, lobte Döttling seinen
Mannschaftskameraden beim deutschen Meister OSC Baden-Baden.
Radjabows Läufer kam nicht mehr aus der
Fesselung. „Meine Türme standen nur herum und hatten keine Felder“, klagte
Radjabow.
Eine Verzweiflungstat mit dem Vorstoß des
h-Bauern schwächte nur die Königsstellung.
Das Matt im 37. Zug ließ sich der
Herausforderer nicht mehr zeigen. „Schwarz hatte es nach der guten
Vorbereitung leicht. Das war großes Schach von Anand“, resümierte der
Verlierer.
Zufriedener zeigte sich Radjabow natürlich
mit Partie vier. Einmal mehr erspielte sich Schwarz und nicht Weiß bei
dieser WM Vorteile. Der Mehrbauer war jedoch nicht im Endspiel zu
verwerten. In der Schlussstellung hatte der 19-Jährige sogar f- und
h-Bauer mehr. Doch den f-Bauern büßte er umgehend ein, weshalb Radjabow im
50. Zug sofort die Remisofferte des achtfachen Chess-Classic-Gewinners
akzeptierte. „Die Blockade war im Endspiel nicht zu durchbrechen“, befand
Anand.
Strahlende Mainzelmännchen (I):
Radjabov (links) und Anand (rechts) bei der Auslosung
Verkehrte Welt in der Clerical Medical
Chess960-WM: Hatte sich tags zuvor Peter Swidler äußerst zufrieden mit dem
Eröffnungsverlauf gezeigt, wähnte sich diesmal Levon Aronjan zweimal
leicht im Vorteil. Doch wie der Weltmeister verlor der Herausforderer
gleich beide Vergleiche! Also auch 2:2 zur Halbzeit im Fischer-Schach.
„Ich hielt das Turmendspiel für
ausgeglichen“, erklärte Aronjan bei der Pressekonferenz ungeachtet seines
isolierten Doppelbauern. Swidler pflichtete bei und sah nach der äußerst
späten schwarzen Rochade („Dieser hässliche Zug entging mir völlig“) keine
Gewinnaussichten mehr – bis sein Kontrahent „mehrere schlechte Züge
machte“. Danach konnte der Vater von Zwillingen einen Freibauern bis nach
a7 schieben und auf 1:2 verkürzen.
Strahlende Mainzelmännchen (II):
Aronian (links) und Svidler (rechts) bei der Auslosung
Die zweite Begegnung des Abends erinnerte
Swidler bis auf kleine Veränderungen stark an eine Chess960-Partie von
2002! Der Mann scheint ein phänomenales Gedächtnis zu haben. „Ich verlor
damals im Open hier in Mainz in nur 15 Zügen gegen Sergej Galdunts“,
führte der Weltranglistenfünfte weiter aus und wollte im Gegensatz zu
damals die „Symmetrie wahren. Doch das taugte auch nichts“, lautete sein
Urteil. 10…d5 hielt weder Swidler noch Aronjan für korrekt, aber für die
„beste praktische Chance“. Bei „14…Sf4 überlegte ich zu lange. Die Zeit
fehlte mir später“, konstatierte der Berliner. Als Swidler mit dem schönen
26…Te3 in die weiße Stellung eindrang und hübsch Tc3 nebst Tc2 folgen
ließ, „kollabierte ich mit nur noch 15 Sekunden auf der Uhr“, räumte
Aronjan selbst ein.