Chess Classic Shredder zum elften Mal Weltmeister Erster Chess960-Titel für Meyer-Kahlen / Spike-Programmierer verdienen sich Lob an anderer Stelle
19.08.2006 - Bei der Livingston Computer-WM im Chess960 hat Stefan Meyer-Kahlen seiner umfangreichen Sammlung einen weiteren Titel zugefügt. Das Programm Shredder des Düsseldorfers holte mit 7,5:1,5 Punkten nach zehn Schach-Weltmeisterschaften seine erste im Chess960. Die Plätze im 20 Teilnehmer umfassenden Feld gingen an Jonny (7:2), das von dem Bayreuther Studenten Johannes Zwanzger stammt, und an die Essener Brüder Muntsin und Munjong Kolss. Ihr Ikarus wies im Vergleich zu Naum von Alexander Naumow und Glaurung/Tord Romstad (alle 6:3) die bessere Fortschrittswertung auf. Die Titelverteidiger und Lokalmatadoren Volker Böhm und Ralf Schäfer mussten sich diesmal mit vier Punkten und Platz 13 bescheiden.
Stefan Meyer-Kahlen (Shredder) und Franck Zibi (Pharaon)
Seit 1996 hat „Shredder“ zehn WM-Titel erobert. Nachdem Meyer-Kahlen im Vorjahr noch bei der ersten Livingston Chess960-WM sensationell von Spike und Jonny in die Schranken gewiesen wurde, hatte sich der 38-jährige Star-Programmierer viel vorgenommen. „Stefan hat offenbar auf den Titel hingearbeitet und Shredder deutlich verbessert. Das zeigte sich auch beim 2:0 über Teimour Radjabow“, befand Organisator Mark Vogelgesang. Lediglich in der fünften Runde geriet Shredder in Schwierigkeiten und kassierte gegen Jonny seine einzige Niederlage. Der dadurch nach dem ersten Tag führende Zwanzger rechnete sich dennoch keine Siegchance aus. „Wenn mir jemand den zweiten Platz am Ende angeboten hätte, hätte ich sofort eingeschlagen“, berichtete de 24-jährige Mathematik-Student aus Bayreuth. Die zweite Vizeweltmeisterschaft bewertete der mit weitem Abstand stärkste Spieler unter den Programmierern (2340 Elo) weit höher als jene 2005. „Jonny spielte besser als im Vorjahr. Es war keine richtig traurige Partie dabei. Selbst die eine verlorene verlief äußerst interessant“, konstatierte Zwanzger. Platz zwei war für den aus Forchheim stammenden Programmierer auch deshalb besonders wichtig, weil er hofft, 2007 ein Zwei-Partien-Match gegen einen Weltklasse-Großmeister spielen zu dürfen.
Johannes Zwanzger (Jonny) und Richard Pijl (The Baron)
Nach sieben Siegen und dem Remis durch Zugwiederholung gegen Naum in der Schlussrunde war zwar der Chess960-Titel unter Dach und Fach, kein Grund jedoch für Meyer-Kahlen, alles durch die rosarote Brille zu sehen. „Die Partie gegen Jonny war wirklich grausig. Shredder machte wirklich schwache Züge mit dem a- und h-Bauern. Das war die schlechteste Partie von ihm seit acht Jahren. Ich kann mir diese Leistung auch nicht erklären“, führte der Düsseldorfer aus. Weit zufriedener zeigte sich der Rekordweltmeister mit den anderen Partien: „Mein Programm spielte auch richtig gut. Am besten gefiel mir die Partie gegen Pharaon.” An der Livingston Chess960-Computer-WM schätzt Meyer-Kahlen, dass er nicht vor dem Turnier und zwischen den Runden noch am Eröffnungsbuch arbeiten musste. Zum Einsatz brachte der Rheinländer sein aktuelles Programm Shredder 10, das „besondere Stärken in dynamischen Positionen besitzt – und das scheint mir im Chess960 wichtig zu sein“, erläuterte Meyer-Kahlen. Nachdem die Version zehn in Mainz überzeugte, widmet sich der 38-Jährige nun einem neuen Produkt. „Shredder mobile läuft auf Handys und soll in zwei Wochen auf den Markt kommen.“
Organisator Vogelgesang zog ein positives Fazit des Turniers. „Es herrschte extrem viel Sportsgeist. Es gab keine Beschwerden. Alle waren mit Begeisterung dabei, ohne verkniffen zu sein“, betonte der Vizepräsident des die Chess Classic ausrichtenden Vereins Chess Tigers. Für das schlechte Abschneiden von Spike hatte Vogelgesang auch eine Erklärung parat. „Die wollten gar nicht mehr Weltmeister werden! Böhm und Schäfer wurden von uns so eingespannt, dass sie künftig lieber kleinere Brötchen backen“, scherzte der 43-jährige Frankfurter. Zum Troste zollte Vogelgesang den beiden Spike-Programmierern ein dickes Lob: „Das Bewertungsprogramm für die Partien auf der Bühne haben sie komplett nach unseren Vorgaben neu geschrieben. Es funktioniert hervorragend und kam beim Publikum sehr gut an!“
Endstand der Livingston
Chess960-Computer-Weltmeisterschaft 2006